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Fallout 4 (Rollenspiel) – Endzeit in Neuengland

Wer hätte 1997 gedacht, dass man über ein Spiel namens Fallout im Jahr 2015 überhaupt noch diskutieren würde? Achtzehn Jahre später lockt das radioaktiv verseuchte Amerika weiter Rollenspieler an. Und die bizarre Endzeit ist mit Vault und Pip-Boy längst ein Teil der Gegenwartskultur. Die wichtige Frage für Abenteurer ist, ob Bethesda mit seiner offenen Welt begeistern kann. Wie uns Fallout 4 gefallen hat, klärt der Test.

© Bethesda Game Studios / Bethesda Softworks

Roboterliebe und Hundeleben

Aber das Beste ist: Gelingt es einem, die höchste Stufe der Beziehung, also die Bewunderung zu erreichen, bekommt man zur Belohnung eine exklusive Fähigkeit – Codsworth schenkt einem z.B. die „Roboterliebe“ und damit weniger Energieschaden durch selbige. Das aktuelle Verhältnis wird nicht durch eine schnöde Leiste à la BioWare angezeigt, sondern muss entweder aktiv erfragt werden oder lässt sich beobachten. Es ist kein Hexenwerk, manchmal erreicht man das auch recht flott, aber es macht Spaß, die Vorlieben herauszufinden. Wenn die Begleiter z.B. von sich aus das Gespräch suchen, also einen während einer Wanderung einfach ansprechen und etwas über sich erzählen, dann ist man auf einem guten Weg. Es sind sogar Flirts samt Sex möglich, wenn man es denn darauf anlegt – hetero und homo übrigens, muss man ja heutzutage erwähnen.

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Comics? Ja, Comics! Sie verleihen einem Boni und sehen cool aus… © 4P/Screenshot

Sehr schade ist, dass man gerade zum toll animierten Schäferhund keine Beziehung aufbauen kann – egal was man tut, bleibt das Verhältnis immer gleich.  Man kann ihn also nicht über Aktionen stärker an sich  binden, sondern lediglich weitere Kampftalente im SPECIAL freischalten. Hier verschenkt Bethesda beim einzigen tierischen Begleiter etwas an Potenzial. Trotzdem ist er eine Persönlichkeit und nützlich, denn er sucht gezielt in der Umgebung nach Gegenständen (und das nicht so automatisiert  wie in Metal Gear), kann Beute von Leichen oder Tischen apportieren, hilft sehr gut im Kampf, weil er tapfer selbst riesige Kreaturen wie Todeskrallen aufhält und ist auch Teil der Hauptquest, wenn er als schnüffelnder Scout die richtige Fährte sucht. Außerdem schaut er einen traurig an, wenn man ihn nicht mitnimmt und jault herzergreifend, wenn er verwundet wird. Selbst wenn man kein Stimpak parat hat, kann den Begleitern allerdings nichts passieren, denn irgendwann stehen sie von alleine wieder auf.

Die Entscheidung für den Hund fällt einem deshalb schwer, weil Bethesda so viele andere interessante Begleiter parat hat, die mit eigenen Biografien und Vorlieben überzeugen: Neben dem erwähnten Codsworth oder dem Supermutanten Strong kann man auch frühzeitig auf den Ranger Preston Garvey zugreifen. Aber die dramaturgischen Highlights kommen erst noch, wenn man z.B. die mutige Reporterin Piper und ihre Tochter trifft, die über Diamant City sagt: „Es ist groß, laut, korrupt und voller Arschlöcher. Aber es ist mein Zuhause.“ Es gibt nicht nur moralisch

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Wen hat der Hund denn da im Visier? Der Vierbeiner ist auch ein hilfreicher Gefährte im Kampf. © 4P/Screenshot

einwandfreie, sondern auch richtig fiese und brutale Charaktere vom Söldner bis zum Ghul-Mafiosi, die man nur dann von sich überzeugen kann, wenn man entsprechend handelt. Es gibt auch noch einen weiteren Roboter, der etwas anders tickt als Codsworth.

Privatdetektiv und deutsche Sprachausgabe

Schließlich muss ich noch den Synth Nick Valentine erwähnen, weil er einer der besten Nebencharaktere ist, die ich bisher in einem Videospiel getroffen habe. Okay, ich habe ein Faible für Roboter im Stile von Asimov und Privatdetektive. Die Ausflüge mit ihm an der Seite haben jedenfalls richtig Spaß gemacht, seine Geschichte ist bewegend und er ist als Hacker sehr nützlich: ich kann ihn an Terminals schicken, die er knackt, während er dabei die Art der Verschlüsselung kommentiert – Bethesda erschafft hier eine echte Persönlichkeit. Während ich in Schubladen und Schränken wühle, setzt er sich in einen Sessel, zündet sich eine Zigarette an und sagt trocken: „Na, willst du wieder eine Sammlung aufbauen?“ In diesen Momenten ist

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Man kann auch Pip-Boys finden, die ebenfalls Boni verleihen. © 4P/Screenshot

Fallout 4 so magisch wie ein Vampire: Die Maskerade Bloodlines.

Alle Charaktere werden übrigens hervorragend gesprochen – nicht nur im wählbaren englischen Original. Die deutsche Lokalisierung ist ausgezeichnet, was die Auswahl und Besetzung der Sprecher angeht. Hier macht es Spaß, das Abenteuer komplett in der Muttersprache zu erleben, weil Betonungen und auch Wortwitz stimmen. Selbst nach zig Stunden wird man noch überrascht, wenn ein weiser Ghul-Farmer tatsächlich mit der Stimme von Hershel aus The Walking Dead spricht. Gerade angesichts der Menge an Dialogen muss man Bethesda für diese deutsche Übersetzung ausdrücklich loben, zumal es auch in den vielen Texten kaum nennenswerte Fehler gibt.

  1. Da ich F4 aus beruflichen Gründen nicht (in Ruhe) durch spielen konnte, habe ich vor einigen Wochen neu angefangen. Sonst immer als Schleicher unterwegs, lege ich den Fokus auf Nahkampf-Waffen & Rüstungen (zudem sarkastischer Charakter, Aussehen höchst kriminell). Auch mit dieser Vorgehensweise finde ich es motivierend und je nach Waffe besonders...rustikal.
    Parallel habe ich hier immer wieder im Thread gelesen.
    Der weitere Text enthält Spoiler (!!!) zu den Fraktionen, Stories & Perks.
    Thema Wandersimulator/ ~Was tue ich hier eigentlich?~:
    Kann ich in der Schärfe nicht nachvollziehen. Dafür gibt es zu viele kleine, spannende Geschichten, die im Vorbeilaufen oder durch skurril anmutende Zufälle entdeckt werden. Die Fraktionen, die Geschichten der Begleiter, als auch (phasenweise...) die Haupt-Story sind durchaus ganz gut, wenngleich zu oft in der Inszenierung mäßig und teilweise unglaubwürdig. Wieso ist das erste Treffen nach der Suche so...lahm? Warum reagieren Begleiter nicht auf besonders relevante Ereignisse, die sie eigentlich nicht tolerieren dürften?
    Nichtsdestotrotz ist das alles von einem "Wandersimulator" Galaxien entfernt. Ich kann gewisse Lager, Gebäude & (teilweise coole) Gegner taktisch angehen und habe dafür ein großes Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung. Die Orte sind ab und an verschachelt und betreffend ihrer Architektur wertvoll. Wie geschrieben, gibt es viele kleine schöne Geschichten.
    Zum Beispiel: Der Comic-Laden mit Filmstudio, Kirchen, Kaufhäuser, das kleine Dorf am Meer mit dem "irren" Miliz-Typ; Die Hinweise & ggf. Quests der Begleiter hinsichtlich ihrer Lebensgeschichte; Zufällig entdeckte "Geheim-" Orte, die gewisse Hintergründe aufweisen (bspw. beim Suchen der Waffen-Bank in der Burg einen Geheimgang freigelegt oder in Sanctuary die Kammer gefunden); Solide bis (gelegentlich) tolle Atmosphäre durch Holobänder & Terminals, sowie Äußerungen der NPC; Begleiter, die hin und wieder auch interessante Sachen sagen oder sich überraschend clever...

    • Chigai hat geschrieben:Die 4,99 sind trotzdem weg -_-
      Sollte der Kundendienst eigentlich regeln können.
      Man, wäre das Gewehr aus Nuka World schon im Hauptspiel gewesen wäre es noch viel geiler gewesen :Hüpf:

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