Motivation und Unzufriedenheit
Die zentralen Elemente, um die man sich in der Erweiterung kümmern muss, sind die Motivation und die Zufriedenheit der Einwohner. Beide wirken sich direkt darauf aus, wie schnell es an der Baustelle vorangeht. Sinkt die Motivation auf null, ist das Spiel nicht vorbei, aber die Auswirkungen auf den Generatorbaufortschritt sorgen früher oder später dafür, dass man als Leiter der Baustelle gefeuert wird.
Die Stimmung und die Lage der Arbeiter können mit Gebäuden sowie neuen Verwaltungs- und Arbeitsgesetzen beeinflusst werden, wobei man bei vielen Entscheidungen zwischen Pest oder Cholera wählen muss. Auf dem Ingenieursweg können z.B. „billige Arbeiter“ eingeschifft werden, und zwar verurteilte Straftäter. Dann müssen aber Wachtürme und Gefängnisse errichtet werden, um sie in Schach zu halten. Dieser autoritäre Ansatz schlägt bei den meisten Bürgern auf die Stimmung, aber es ist ein geschickter Weg, um schnell neue Arbeiter zu bekommen, die nicht so hohe Ansprüche stellen. Jedoch bekommt man immer wieder vor Augen geführt, welche Verbrechen die Kriminellen begangen haben und wie sehr solch eine Maßnahme an der Zufriedenheit der Bürger nagt. Das Wachpersonal kann ggf. seine Kompetenzen überschreiten und selbst für Ärger sorgen. Außerdem kann ein Gesetz erlassen werden, das es erlaubt, unschuldige Bürger für etwas zu bestrafen, was sie gar nicht getan haben, um neue billige Arbeitskräfte zu haben. Entscheidet man sich übrigens für den Arbeiterfokus (anstatt der Ingenieure), geht es um bessere Arbeitsbedingungen bis hin zur Gründung einer Gewerkschaft mit Wahl des Vorsitzenden, die man übrigens manipulieren kann.
Mit den Verwaltungsgesetzen wird hingegen festgelegt, wie man mit Kranken, der Ernährung und Leichen umgeht. So können bei der Arbeit verletzte Menschen mit teuren Prothesen versorgt oder nach Hause geschickt werden, was die Unzufriedenheit steigert. Leichen können entweder vor Ort bestattet oder in die alte Welt geschickt werden. Alles dreht sich um das Management von Ressourcen und die Machbarkeit der Motivation in einer ausweglosen Lage. Bei den Arbeitsgesetzen stehen die Sicherheit am Arbeitsplatz, Schichtdauer etc. im Mittelpunkt.
Streiks bringen das Chaos
Wenn man eines in „Der Letzte Herbst“ verhindern möchte, dann, dass die Arbeiter streiken, damit man seine Bauziele erreichen kann, was gar kein so leichtes Unterfangen ist, schließlich wird beim Bau des Generators auch Giftgas in mehreren Stufen freigesetzt, was die Gefahr am Arbeitsplatz und Krankheit erhöht. Wer will da schon arbeiten? Und noch in Doppelschichten? Hier gilt es wieder das richtige Fingerspitzengefühl und ein vertretbares Gleichgewicht zu finden, was man den Leuten zumuten kann, bevor die Unzufriedenheit steigt.
Bevor es zu einem Streit kommt, setzen einem die Arbeiter eine Frist, um bestimmte Maßnahmen umzusetzen oder Gesetze zu erlassen. Zunächst kleine Forderungen zur Verbesserung der Lebensqualität oder der Reduktion der Arbeitslast. Lehnt man die ersten Forderungen ab, könnte sich das später als folgenschwer erweisen. Bricht der Streik aus, wird noch mehr Druck aufgebaut, da man nicht ewig Zeit für die Behebung hat und deswegen ein vertretbares Maß finden muss, bevor alles zusammenbricht – in solchen moralischen Grenzsituationen zeigt Frostpunk wieder seine Stärken und wenn man am Ende vor Augen geführt bekommt, was alles schiefgegangen ist und wie viele Opfer zu beklagen sind, überlegt man sich mit einem bitteren Beigeschmack, ob oder wie man es hätte besser machen können …
Drei Erweiterungen und der Season Pass
Insgesamt drei Erweiterungen hatten die 11 bit studios für Frostpunk angekündigt. „Der Letzte Herbst“ ist der größte Downloadinhalt für 16,99 Euro, während das Hauptspiel aktuell bei 29,99 Euro liegt. Vor dieser Erweiterung ist das Mini-Add-on „Die Gräben“ für 4,99 Euro erschienen. Es umfasst lediglich eine neue Karte für den Endlosmodus und die Möglichkeit, Brücken über tiefe Schluchten dieser Karte zu bauen. Als kostenlose Beigabe, z.B. für den Season Pass, mag dies in Ordnung sein, aber als ernst gemeinter DLC wirkt „Die Gräben“ schon überteuert. Informationen zur dritten und letzten Erweiterung „Project TVADGYCGJR“, die 12,99 Euro kosten wird, halten die Entwickler bisher unter Verschluss. Auch ein Season Pass wird angeboten (26,97 Euro), der alle drei DLC sowie zusätzlich den Soundtrack und ein digitales Artbook enthält.
Frostpunk war meiner Meinung nach eines der besten Spiele der letzten Jahre. Last Autum habe ich aber noch nicht gespielt ... scheint sich aber zu lohnen.
Interessant, dass dieser Test gewünscht wurde. Sehr schön zusammengefasst. Allerdings sind die geskripteten Überraschungen nun keine mehr, wenn man den Test gelesen hat. Als Käufer des "Season Pass" habe ich das Szenario schon gleich nach Erscheinung zwei Mal durchgespielt. Neustarts wie im Test beschrieben sind nicht notwendig, wenn man Erfahrungen mit dem Hauptspiel hat. Der Schwierigkeitsgrad ist vergleichbar mit dem Hauptszenario des Hauptspiels, und liegt definitiv unter dem von The Fall of Winterhome.
Das Schöne an The Last Autumn ist die Neueinführung gut durchdachter Mechaniken, durch die man bekannte Mechaniken über Board werfen muss. Was Frostpunk aber letztlich leichter macht als sein Ruf es vorzugeben scheint, ist die Tatsache, dass die Mechaniken stets diskret sind. In vielen Spielen dieser Art schlägt man sich mit stufenlosen fluiden Werten herum, in Frostpunk gilt das Alles-Oder-Nichts-Prinzip, aus dem sich ein Risiko ableiten lässt. Dieses ist auch unmittelbar, das Ergebnis sofort spürbar. Dadurch hat man stets die Kontrolle, auch in The Last Autumn.
Leider ist nach zwei Mal durchspielen (pro Technologiebaum ein Durchgang) kaum noch etwas rauszuholen aus der Erweiterung, so dass es schnell an Reiz verliert.