Die Macht der Diplomatie
Wie kann man sich ausbreiten, wenn man nicht in erster Linie den kriegerischen Eroberungsweg gehen will? Über Diplomatie! Man kann nicht nur Tribut verlangen, mit Krieg drohen, um Militärzugang bitten oder ihn gewähren. Man kann z.B. im Vorfeld die Rebellen finanzieren, um den Feind zu schwächen. Oder man kann Ansprüche fingieren, um im Kriegsfall nicht als Aggressor zu hohe außenpolitische Mali auf sich zu nehmen. Vor allem, wenn man die Karthager spielt, die mit einem weit verzweigten Netz an Handelspartnern rund um das Mittelmeer starten, lohnen sich auch auf lange Sicht geplante außenpolitische Beziehungen. Sie bieten sehr gute Voraussetzungen dafür, sich ein Netz aus Vasallen und Verbündeten zu schaffen.
Dafür sollte man die Redekunst erhöhen, um diplomatisch handlungsfähig zu sein. Dann kann man einen Stamm oder Staat rechts anklicken und zwischen diversen Bündnis-, Zugangs-, Spionage-, Beziehungs- und Einflussaktionen wählen. Über „Geschenk senden“ sowie „Beziehungen verbessern“ kann man dafür sorgen, dass die anfänglich negative oder neutrale Meinung auf über 100 Punkte steigt. Dann lässt man mal über den Botschafter nachfragen, ob der Stamm nicht ein Vasall werden will. Klingt dreist, wird aber nach längerer Handelszeit, Geschenken und Besuchen gerne
angenommen. Mit Karthago konnte ich selbst gallische Völker, die ja eine andere Kultur und Religion haben, irgendwann überzeugen, mich als Lehnsherr anzuerkennen.
Von der Lokalmacht zur Weltmacht
Der Vorteil: Ich bekomme für die Gewährung von Schutz u.a. Geld und Rekrutenreserve, außerdem sind meine Stammesuntertanen zufriedener. Massilien (das spätere Marseille) bringt mir als Klientelstaat sogar noch mehr Vorteile, denn dann bin ich einziger Handelspartner, sie müssen in Kriegen beitreten und können in Zukunft sogar komplett integriert werden. Aber nicht alle Bündnisse sind mit allen Völkern möglich – denn sie richten sich u.a. nach dem eigenen außenpolitischen Status. Man sollte wissen, ob man als Lokalmacht, Regionalmacht, Großmacht oder gar Weltmacht angesehen wird, was an der Zahl der eigenen Städte festgemacht wird.
Karthago startet mit 111 Städten z.B. als Großmacht, während die Friesen übrigens mit fünf Städten zu Beginn ebenso eine Lokalmacht sind wie Rom mit 23 Städten. Denn dieser Status quo hat direkte diplomatische Konsequenzen: Wenn man niederen Ranges ist, kann man weniger Druck ausüben; wenn man gleichen Ranges ist, kann man etwas Druck ausüben; wenn man überlegen ist, kann man mehr Druck ausüben. Karthago kann den mächtigen Ägyptern gar nicht erst den Klientelstaat schmackhaft machen, aber ein Bündnis schmieden. Und dazwischen gibt es noch einige Graustufen wie „Garantie“, dass ich also jemandem klar Unterlegenen die Unabhängigkeit anbiete oder die „Verteidigungsliga“ gründe, in der man mehrere Völker gleichen Ranges vereinen kann.
Lustig, mir fehlen zwar deine Vor-EU-Erfahrungen, aber sonst deckt sich das. Auch der Teil mit dem HRR, was mich trotzdem nicht davon abgehalten hat, Europa mit Trier immer wieder theokratisch zu unterjochen. Lauf, Franzose! Aber egal ob das Hordenprinzip, der Ansatz der Ostreiche, Ming, Apachen, jeder religiöse Einfluss, all das beeinflusst die mögliche Spielweise. Gott, was könnt ich Geschichten ausm Kriech erzähln. Und ein Hoch auf die Guides..
Bezüglich Komplexitäten der unterschiedlichen Paradox-Spiele:
Mein erster Kontakt mit den Paradox-Spielen war Victoria 2. Ich hatte das Spiel durch Zufall gesehen und es hat mich an Risiko erinnert, was mich der Kaufgrund war. Und meine Fresse, von Sekunde 1 an war ich mit dem Spiel überfordert. Ich wollte es unbedingt spielen, aber ich habe auf Teufel komm raus nichts geblickt. Eine Alternative zu Vic2 war damals CK2, das a) ein Tutorial hatte und b) einfach an sich weniger Komplex war, bzw. die Komplexität weniger in die Breite ging, dafür mehr in die Tiefe. Der Einstieg in CK2 war etwas einfacher als Vic2, konnte mich aber vom Konzept her nicht so abholen wie Vic2, weshalb ich es auch sehr schnell aufgegeben hatte. Eigentlich hatte ich da mich von Paradox komplett verabschiedet und eingesehen, dass ich meine liebgewonnenen Erinnerungen an Risiko, dem Brettspiel, den Kartenspiel und dem PSX-Ableger (habe in allen hunderte Stunden mit Kumpels gesteckt), nicht mehr wiedererleben werde.
Und dann kam EU4 raus. Das hatte damals den Ruf der kleine Casual-freundliche Ableger für Grandstrategyspiele von Paradox zu sein. Bzw. hatte die negative Konnotation. Mir war es wurst. Ich dachte nur, cool, vielleicht schaffe ich das doch noch. Und voila, in EU4 habe ich den Einstieg in das Paradox-Universum dann doch gepackt. Sicherlich habe ich erst nach gut 200h Spielzeit das erste Mal eine Partie gestartet, die ich auch beendet habe ohne das mir mein Reich in allen Ecken zusammengebrochen ist. Meine Güte, eines meiner ersten Partien war mit Polen (bin Pole und deswegen wollte ich natürlich Polen auch spielen). In einer meiner ersten Partien hat mich das osmanische Reich auseinander genommen. Dann habe ich mehrere Partie-Anläufe gebraucht um mit den Osmanischen Reich umgehen zu können. Dann hatte ich das erste Mal auch endlich Polen-Litauen gegründet und sofort war ich in meinem neuen Reich nur mit Rebellionen beschäftigt, was mir meine Manpower komplett zerfressen hat und dann...
@wdallmeyer
Momentan bin ich aber ohnehin mit I:R beschäftigt, trotzdem schade. EU war mir spielmechanisch immer am symphatischsten. Danke für die Aufklärung, dachte ich schon ich hätte es übersehen, was doch blöd wäre...