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King’s Quest: Der seinen Ritter stand (Adventure) – Märchenhafte Auferstehung?

Activision will der geschichtsträchtigen Marke Sierra neues Leben einhauchen – was bietet sich also eher an als die Adventure-Reihe King’s Quest, mit der die Fans gute Erinnerungen verbinden? Auch Telltale diente offenbar als Vorbild, denn Entwickler The Odd Gentleman hat sich für ein Episodenformat im dreidimensionalen Comic-Stil entschieden. Der gealterte Held früherer Spiele erzählt seiner Enkelin von neuen Abenteuern – können sie das märchenhafte Flair der Serie einfangen?

© The Odd Gentlemen / Sierra Games

Neues Team, neues Glück?

Die Serienschöpferin Roberta Williams ist also nur noch indirekt involviert – sie gab dem Team aber ein ausführliches Briefing zur Welt und den alten Geschichten. Zunächst konnte ich kaum glauben, dass hinter all den weitläufigen Kulissen nur solch ein kleines Studio steckt. Bislang arbeitet The Odd Gentlemen schließlich nur an Knobelspielen wie The Misadventures of P.B. Winterbottom. Vermutlich hat Activision dem Team ordentlich unter die Arme gegriffen. Im Zentrum des Spiels steht nach wie vor König Graham, der mittlerweile zur lebenden Legende geworden ist und seiner Enkelin an der Bettkante von noch unbekannten Heldentaten erzählt. Die Geschichten drehen sich um Drachen, seine Prüfungen vor dem Ritterschlag und jede Menge Albernheiten. Es dauerte ein Weilchen, bis ich mich an den kindgerechten Erzählstil gewöhnt hatte. Doch je besser ich die liebenswerten Figuren und ihre Marotten kennenlernte, desto mehr sind sie mir ans Herz gewachsen. Mit raunender Märchenonkel-Stimme erzählt Graham seiner Enkelin, wie er als Jungspund zum Ritter werden wollte.

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Das Fantasiereich Daventry wird diesmal im dreidimensionalen Comic-Stil erforscht. Die Kulissen reichen oft über viele Bildschirme, die aber aus einem vorgegebenen Kamerawinkel eingefangen werden. © 4P/Screenshot

Schon der weitläufige Weg zu den Prüfungen ist natürlich mit einigen Rätseln versehen: So helfe ich z.B. einem Händler dabei, sein kaputtes Rad zu ersetzen. In der verlassenen Bäckerei finde ich schon kurz darauf einen riesigen steinharten Laib Brot, der sich prima als Ersatz eignet. Auch mit einer Axt und anderen Utensilien aus dem überschaubaren Inventar muss ich hantieren. Zu Beginn bleiben die Rätsel sehr einfach. Erst wenn ich mich ins Schloss vorgekämpft habe und die Prüfungen starten, öffnet sich das Spiel und die Aufgaben werden komplexer.

Schlichter gesucht!

Dann muss ich z.B. einen Weg finden, die auf mysteriöse Weise verschwundenen Brücken zurückzubringen; sie eröffnen mir schließlich neue Gebiete. Ich will nicht zu viel verraten, aber in ein paar unterhaltsamen Dialogrätseln mit dickköpfigen Fabelwesen muss ich sowohl List als auch Verhandlungsgeschick beweisen. Auch das Durchqueren finsterer Abschnitte wird erst später möglich, wenn ich mit Hilfe des Inventars und der Einwohner eine Laterne gebastelt habe. Schreite ich ganz naiv in die Finsternis, werde ich dagegen im Handumdrehen von einem knurrenden Wolfsrudel verspeist.

Das erste Kapitel King’s Quest: Der seinen Ritter stand ist als Download für Windows PC, PlayStation 4, PlayStation 3, Xbox One und Xbox 360 verfügbar. Zusätzlich bietet Sierra ein bereits vorbestellbares Bundle mit dem Titel „King’s Quest: Die komplette Sammlung“ an, das alle fünf Kapitel und einen spielbaren Bonus-Epilog beinhaltet. Die Kapitel und der Epilog können direkt im Hauptmenü zum jeweiligen Zeitpunkt der Veröffentlichung 2015 und 2016 heruntergeladen werden. © 4P/Screenshot

Anders als früher zieht das aber keine schlimmen Konsequenzen nach sich. Da König Graham als lebendiger Geschichtenerzähler natürlich alles überstanden hat, erinnert er sich nach dem Fauxpas einfach daran, dass selbstverständlich alles ganz anders verlaufen sei. Natürlich war er „nicht so dumm, einfach in eine finstere Wolfshöhle zu spazieren“. Auch durch kleine Zankereien und Wortspiele zwischen Graham und seiner Enkelin erinnern die Entwickler den Spieler immer wieder daran, dass er eigentlich nur einer Geschichte zuhört und sich nicht wirklich Sorgen machen muss. Dadurch eignet sich das Abenteuer auch für Adventure-Abende mit jüngeren Spielern – obwohl es für die eine oder andere Figuren nicht immer so glimpflich ausgeht wie für Graham.

Spielbares Bilderbuch

Auch das Design erinnert an eine Vorlesestunde mit einer illustrierten Geschichte. Die Grafiker haben die Charaktere und Objekte zunächst auf Papier gemalt, eingescannt und nach dem 3D-Modelling über die Texturen gelegt, um einen charakteristischen Bilderbuch-Look zu erhalten. Das Ergebnis ist durchaus gelungen: Ich wandere an idyllischen Bächen entlang, über den urigen kleinen Marktplatz oder durch ein steiniges Tal. Aus der Nähe sieht die Vegetation zwar platt, eckig und etwas unscharf aus – im Gesamtbild ergibt sich aber ein stimmungsvolles Panorama samt durch Wolken brechender Lichtstrahlen und weicher Schatten.

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Auch Dialog-Rätsel werden eingestreut: Immer wieder muss sich Graham persönliche Geheimnisse durchs Belauschen aneignen. © 4P/Screenshot

Die Animationen lassen manchmal sogar vergessen, dass ich nicht vor einem Animationsfilm sitze. Vor allem Grahams schlaksige Bewegungen und seine überschwänglichen Begeisterungsausbrüche verleihen ihm viel Persönlichkeit. Wenn er von sagenumwobenen Kämpfen oder mächtigen Zaubertränken fabuliert, springt er wie im Cartoon mit ausladenden Gesten durch den kompletten Raum. Sogar die gesichtslosen Ritter wirken liebenswert, wenn sie wie aufgescheuchte Hühner mit dem Kopf wackeln und mit zackigen Bewegungen gestikulieren. Eine der wandelnden Blechbüchsen (Manny) freundet sich sogar mit dem Helden an, um Pläne für ein besseres Daventry zu schmieden, wenn die beiden erst einmal an den Hebeln der Macht sitzen. All das fängt die abenteuerliche Aufbruchstimmung der ersten Episode ähnlich gut ein wie die sich geheimnisvoll zurückhaltende Orchestermusik, die in dramatischen Momenten aber auch mächtig lospoltern kann.

 

  1. Wortgewandt hat geschrieben:Also, bitte verurteilt mich nicht, aber ich finde, dass dieses Spiel furchtbar aussieht. Die Grafik gefällt mir überhaupt nicht und raubt mir jede Atmosphäre.
    Sowas ist eben Geschmacksache. Ich hingegen konnte mich absolut nie mit der Zeichentrickgrafik von Monkey Island SE bzw. schon beim damaligen Monkey Island 3 anfreunden.
    Und ich habe genau das selbe Argument, die gepfuschte Cartoon Optik beraubte jegliche Stimmung der einst schönen 256 Farben VGA Idyllen.
    Das Kings Quest hingegen gefällt mir sehr gut... abgesehen des bescheuert übersetzten Titels: "Der seinen Ritter stand"....

  2. Die Augenquest hat mich richtig begeistert. Da hat das Spiel die Mechaniken voll ausgespielt. Ich liebe es wenn Adventures einen NPC bei den Rätseln einbinden. Das war richtig spannend. Graham entwickelt sich hier richtig weiter.

    Spoiler
    Show
    Und Achakas Tod. Naja, ich dachte mir schon, das Odd Gentlemen den einzigen Charakter, der kein Arschloch ist, am Leben lassen.
    Auch toll, das beide nicht die gleiche Sprache sprechen und sich auf andere Wege verständigen müssen.
    Mitgenommen hat es mich trotzdem. Auf dem Niveau kann es weitergehen.

  3. Ich habs erstmal beiseite gelegt. Die Shootersequenzen und QTEs waren nicht mein Fall. Ich mag die Rätsel und den beschwingten Ton, aber die Actionsequenzen fühlen sich gerade wegen der Steuerung nicht gut an.
    Dabei will ich das dieses Sierra Experiment gelingt. Die Idee, das ein großer Publisher wie Activision eine kleine Unterfirma für kleinere Projekte hält ist die beste, die Bobby Kotick seit langem hatte.

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