Langer Weg
Nachdem ich das Spiel durch hatte, machte ich mich im Netz auf die Suche nach Lost Ember. Ich hatte im Hinterkopf, dass der erste Trailer, der mich auf den Titel aufmerksam werden ließ, doch schon eine ganze Weile zurückliegen musste. Tatsächlich wird Lost Ember schon im Jahr 2014 erstmals „urkundlich erwähnt“ – als Vorschau im englischsprachigen Indie Game Mag, damals aber noch unter dem Projektnamen Desire. Das Spielkonzept, die Ruinen einer untergegangenen Zivlisation zu erforschen und dabei in die Rollen verschiedener Tiere zu schlüpfen, stand damals schon – da waren die Hauptverantwortlichen Tobias Graff, Pascal Müller, Maximilian Jasionowski und Matthias Oberprieler noch Game-Design-Studenten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Zwei Jahre später spülte eine Kickstarter-Kampagne über 300.000 Euro in die vermutliche klamme Studiokasse, aus dem Abschlussprojekt der Studenten sollte sich tatsächlich ein kommerzielles Videospiel entwickeln; damals plante man die Auslieferung für März 2018, was sich in der Realität aber als nicht darstellbar erwies. Ein weitere Verschiebung im Juli 2019, aus dieser Zeit stammt auch der bislang letzte Post im Firmenblog, ließ nochmal Zweifel aufkommen, ob das Team die technischen Probleme und Bugs in den Griff bekommt. Doch Ende November wurde die letzte Hürde genommen – Lost Ember ist zum Preis von 29,99 Euro in den digitalen Gemischtwarenläden für PC, Xbox One und PS4 erhältlich.
Der in die deutschen Wälder zurückkehrende Wolf als Sinnbild für die Natur, die eine vergangene Zivilsation überwuchert und sich ihr Territorium quasi zurückerobert – ein schönes Symbol hat sich das Team da ausgesucht. Als dezent abstrahierter Wolf mit staksigen Beinen und dünner Schnauze macht man dann auch die Spielwelt unsicher. Gleich zum Start bekommet der Wolf Besuch von einem orange leuchtenden Orb, dessen Schicksal mit dem seinen verknüpft zu sein scheint – beide Seelen konnten mit ihrem einstigen Leben nicht recht abschließen. Im Verlauf des Spiels werden an orange leuchtenden Punkten in der Spielwelt schick in Szene gesetzte Erinnerungsdioramen enthüllt – so erfährt man mehr über Wolf und Orb sowie die einst hier angesiedelte Hochkultur. Obgleich mich die Geschichte nicht durchgehend gepackt hat, ist die Intensität der Rückblenden lobenswert, ebenso der ungewohnte Mix aus Familiengeschichte und Leben-nach-dem-Tod-Mystik.
Natur pur
Von einigen monumentalen Gebäudestrukturen und Pyramiden abgesehen ist die Natur der Star in Lost Ember. Und trotz vieler schwacher Texturen und oftmals grober Geometrie ist das Gesamtbild ein stimmiges und schönes. Wenn da nicht diese Nachlade-Bildeinfrierer wären: Immer wieder treten diese auf Xbox One sowie PS4 auf und lassen das Bild für ein, zwei Sekunden grob stocken. Und trotz der Verschiebung haben es ein paar Bugs in die finale Version geschafft: So kann es schon mal sein, dass man einen Abhang herabrutscht und nur durch das Laden eines Checkpoints zurück auf den Weg gelangt; auch die Kameraführung in engen Gängen lässt schon mal unfreiwillig tief blicken – plötzlich kann ich durchs halbe Level schauen.
Trotzdem: vielen Dank!
Finds schade, dass so viele gute Titel nicht mehr Retail erscheinen!
Ich will eigentich keine Downloads für Konsolen kaufen! Bei Pc-Spielen komm ich ja nicht drum rum, aber bei meinen Konsolen nervt mich das tierisch!
herr schmid, ihr schreibstil gefaellt mir, klasse! ohne unnoetige vergleiche und in die laenge ziehenden abschweifungen oder wunschfeaturegeheule, wie das anderer redakteure. einfach nur das testen, was da ist. weiter so und danke!
Schönes. emotionales und spirituelles Spiel. Ich habe mir 12 Stunden Zeit genommen.