Hinzu kommt die Tatsache, dass die zentrale Problemlösung das Verprügeln derjenigen ist, die Böses tun, und damit in diesem Fall leider Schüler gemeint sind. Natürlich sind die Flegel stets die Angreifer. Trotzdem halte ich es für bedenklich, wenn man ihnen am laufenden Band – verzeiht – die Fresse poliert, anstatt wenigstens im Ansatz echte Lösungen zu suchen.
Zweiteres, also die Tatsache, dass Takayuki hier fehl am Platz wirkt, wiegt weniger schwer, macht sich aber dort erkennbar, wo er nicht nur als Erzieher der Schülerinnen und Schüler auftritt, sondern sich auch mit ihnen anfreundet, als wären sie erwachsene Nebencharaktere jedes anderen Yakuza-Abenteuers. Das wirkt einfach befremdlich, so gut das Einbinden oberflächlicher sozialer Elemente, wie man sie u.a. aus Persona 5 kennt, auch gedacht ist. Ein Erwachsener sollte in diesem Rahmen als Erzieher tätig sein, anstatt sich wie ein Mitglied verschiedener Cliquen verhalten. Gut, dass die Handlung recht früh auch die klassischen Yakuza-Motive aufnimmt, obwohl das für sich genommen freilich nicht gerade einem kreativen Geniestreich gleichkommt.
The real Kidd
Takayuki leitet jedenfalls verschiedene Clubs, in denen er diverse Minispiele ausübt, darunter Boxen, Tanzen und Motorradfahren, sprich einen Teil der üblichen Nebentätigkeiten, und wie im Vorgänger gefällt es mir sehr, dass viele Aktivitäten an den erzählerischen Kern gebunden sind. Zusätzlich erledigt er schließlich kleine Aufträge als Privatdetektiv, anstatt wahllos Menschen auf der Straße anzusprechen. Wobei es weiterhin auch den Zeitvertreib bei Drohnenrennen, in der Baseball-Halle, das im Vorgänger eingeführte Paradise VR u.v.m. gibt. In den Spielhallen der Sega Arcade stehen außerdem Automaten mehr oder weniger bekannter Sega-Klassiker – bedauerlich finde ich dort nur, dass die Analogstick-Steuerung der Spielhallenversion von Super Hang-On viel zu empfindlich reagiert, sodass man das Motorrad nicht präzise lenken kann. Das fällt u.a. im Vergleich zur PS3-Version sehr deutlich auf.
Richtig klasse finde ich in diesem Bereich ohnehin erst das Master System in Takayuki Büro. Das ist nämlich nicht weniger als eine echte Emulation von acht Klassikern wie Alex Kidd in Miracle World oder Enduro Racer. Weitere vier Titel sind als kostenpflichtiger Downloadinhalt verfügbar. Hat Sega der kürzlich erschienenen Neuauflage des ersten Alex Kidd deshalb keine Originalversion spendiert? Auf jeden Fall macht es richtig Laune die Oldies zu spielen, in denen man übrigens jederzeit den aktuellen Fortschritt speichern kann, um später an gleicher Stelle weiterzuspielen bzw. nach Fehlern nicht von vorn zu beginnen.
Tierisch gut
Erweitert wurden aber nicht nur die Nebentätigkeiten, mit denen man Dutzende Stunden verbringen kann, sondern auch das Prügeln mit den zahlreichen Ganoven. Immerhin beherrscht Takayuki jetzt gleich drei Kampfstile, zwischen denen er jederzeit wechseln kann: Tiger zum Austeilen starker Tritte und Schläge, Kranich zum schnellen Ausweichen und Beherrschen größerer Gruppen sowie Schlange zum Kontern ankommender Attacken. Mit Letzterem lässt er Angriffe dabei nicht nur ins Leere laufen, sondern führt Finisher auch so aus, dass Gegner ohnmächtig werden, ohne getroffen zu sein. Ob Sega damit das Verprügeln von Schülern rechtfertigt? „Man muss sie ja nicht Ausknocken!“ Falls ja, bleibt es leider bei der guten Idee, denn tatsächlich spielt es praktisch keine Rolle, ob man sich für die sanftere Gangart entscheidet oder nicht.
Und das mit den 80% ist natürlich richtig. Aber was willste dagegen tun? Jedem Spiel einfach 'ne hohe Wertung verpassen und die zuvor argumentierte Einordnung damit im Grunde torpedieren? Ich weiß, dass ich so was noch weniger lesen will als eine Kritik, die meiner eigenen Meinung komplett widerspricht.
Für mich kann ich eh sagen, dass ich schon so manchen 60-er und sogar 50-er länger als zehn Stunden gespielt hab - von 70-ern (bzw. knapp drunter) ganz zu schweigen. Das sind immerhin noch befriedigende Erlebnisse und oft genug hält einen das gerade bei einer grundsätzlich tollen Serie locker bei der Stange.
Ich mag das Spiel. Dass es simpel ist, stellt für mich keinen Kritikpunkt dar. Es ist ein großer Abenteuerspielplatz, der etwas Ablenkung von der verrückten Welt bietet und dennoch einige der momentanen Probleme adressiert. Dass es dabei unnötig brutale Szenen gibt liegt in der Natur der Serie, der Zeitgeist hat "das bisschen Gewalt" aber längst überholt.
Jedenfalls sry. Ich wollte dir nicht die Kompetenz absprechen.
Trotzdem danke, nach der Arbeit suche ich dann selbst, dachte nur bei so vielen Experten hier wüsste das jemand. ^^
Spiele es auch gerade. Und ja, ist das was man erwarten kann. Schön ist das die Kampfstile sich mehr voneinander unterscheiden als im Vorgänger. Leider hat man auch hier wieder die altbekannten Schwächen (miese Kamera in Kampfarenen z.B.) beibehalten, und an dem Punkt glaube ich man hat sich damit abgefunden es nicht besser zu können. Schade.
Was mir Sorge bereitet ist eine gefühlte „Verwestlichung“ der Spielwelt, sprich: Sie wird immer größer, verliert dabei aber auch immer mehr an Charme und Individualität. Diese „Mein Kiez“ Atmosphäre war immer eine Besonderheit der Yakuza Reihe, und das geht bei der Größe sichtlich verloren.
PS: Der Bosskampf auf dem Gehweg könnte auch eine Mr. Shakedown Begegnung gewesen sein.