Bei militärischen Aktionen, die man natürlich mit entsprechenden Parlamentsmandaten, Budget usw. auch starten kann, ist der Probierfaktor noch höher, da die Kontrollen hier schrecklich unintuitiv sind. Wieso kann ich z.B. bereits im Tutorial die Panzer nicht einfach in die Stadt schicken, sondern muss sie erst daneben platzieren? Abgesehen davon, dass ich einen Ort in Afghanistan erst auf einem anderen Bildschirm in einer Suchmaschine finden musste, damit ich eine ungefähre Ahnung habe, ob ich die Truppen nach Norden oder Süden schicken muss. Nicht einmal hier hilft einem das Tutorial. Das Tutorial! Ich hoffe, dass die Ballung von Suchanfragen afghanischer Städte nicht zu irgendwelchen negativen Einträgen in meiner NSA-Akte führt… Nein, Power & Revolution macht es einem nicht leicht, sich mit den Inhalten anzufreunden. Dabei suggeriert es einem viele Möglichkeiten.
Sieg der Atmosphäre?
Doch die sind sperriger präsentiert als reale Politik, so dass die clevere Symbolik und Benutzerführung eines Demokratie 3 zu einer wahren Wonne wird. Klar: Dort ist man letztlich nur mit Bürger-Interaktion und deren Auswirkungen beschäftigt. Doch all das, was dort fehlt und hier vorhanden ist wie z.B. außenpolitische Beziehungen, Auseinandersetzungen mit Koalitionspartnern oder Opposition, Wahlkämpfe, Krisen oder Naturkatastrophen, reicht nicht, um Power & Revolution zu einem spannenden oder gar überzeugenden Spielerlebnis zu machen. Natürlich ist es reizvoll, eine geopolitische Simulation anbieten zu wollen, die innerhalb realistischer Grenzen bis hin zu den Bundesländern, Counties oder Bundesstaaten einzelner Nationen und der jeweiligen Infrastruktur gut recherchiert scheint – vor allem auch, wenn man globale Auswirkungen bestimmter politischer Aktionen und Reaktionen widerspiegeln möchte.
Doch wie schon seine Vorgänger scheitert auch dieser Politik-Simulator an seiner Ambition. Unter dem Strich sind die diplomatischen Optionen zwar relativ tief, aber nicht zahlreich genug, um das weltpolitische Klima nachhaltig beeinflussen zu können, ohne dass man irgendwann immer
auf Schema F zurückgreift. Die militärischen Möglichkeiten sind ebenso oberflächlich. Und so sehr ich es schätze, dass man von einer globalen Ansicht bis hin zu einer Stadtoberfläche zoomen kann, ist die höchste Zoomstufe nicht nur potthässlich, sondern wird darüber hinaus in Deutschland z.B. mit merkwürdigen Bahntrassen verschandelt, die auf irgendwelchen Säulen durch Land führen – hier kriegt man das Schaudern. Dazu gesellen sich eine technisch zwar meist saubere, inhaltlich jedoch vollkommen langweilige Sprachausgabe oder sich wiederholende Videosequenzen. Nicht zu vergessen: eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Bugs, die von Abstürzen bis hin zu nicht ladbaren Spielständen reicht, machen es einem zusätzlich schwer, sich als Diplomat, Terrorist oder sonstiger Machthaber zu versuchen. Dass komplexe Strategie nicht immer leicht zugänglich ist, zeigen auch viele Titel aus dem Portfolio von Paradox wie z.B. Europa Universalis 4. Doch gerade dort hätte sich das Team vom Politik-Simulator vielleicht auch inhaltlich Nachhilfe holen sollen, um seine Verzahnungen der unterschiedlichen Bereiche wie Diplomatie, Militär oder politischen Entscheidungen auf nationaler sowie internationaler Ebene zu optimieren.
Das Fazit lese ich für gewöhnlich nicht, hatte mich eher auf diese Absätze im Test bezogen:
"Es lässt sich schwer ausmachen, ob dieses oder jenes Resultat nun direkt oder indirekt mit einer getroffenen oder ausgelassenen Entscheidung zu tun hat. Sprich: Aus anfänglich noch spannendem Trial&Error wird irgendwann Beliebigkeit, im schlimmsten Fall sogar Belanglosigkeit."
"Nein, Power & Revolution macht es einem nicht leicht, sich mit den Inhalten anzufreunden. Dabei suggeriert es einem viele Möglichkeiten. " - Es suggeriert diese nicht nur, es hat sie
Sieh es doch positiv. Mich gibt es als Stimme des Schwarms summiert kostenlos. Gegen Aufpreis lege ich natürlich gerne eine sechsseitige Begründung nach.
Dann kann man sich ja bei künftigen Fragen direkt an dich wenden.
Finde es schade und unrichtig, dass dem Spiel "mangelnde Tiefe" vom Tester attestiert wird (Oder besser gesagt vorgegaukelte). Allein schon, dass sich jedes Land nach völkischen Vorlieben anders spielt und die Russen zB einen lynchen wenn man Russland versucht in eine Demokratie umzugestalten. Dass man für eine ausreichende Produktion und faire Bepreisung von Waren sorgen muss, will man nicht dass die Weltwirtschaft kollabiert. Dass einen teilweise die eigenen Familienangehörigen ermorden, wenn man es zu bunt treibt (Man kann diese auch selbst ermorden lassen). V
erhandlungsgeschick verschiederner Völker wird bei der Diplomatie tatsächlich sehr authentisch umgesetzt. Nur als Beipiel: Will man etwas von China, setzen sie den Preis extraorbitant an (Im gegensatz zu arabischen Völkern) um diese zwar schnell zu senken, aber ohne dabei vielGeduld zu zeigen. Nun meine Handelserfahrungen im realen China sind die gleichen, wenn man auf die Frage nach dem Preis 800€ als Antwort bekommt, auflacht, 1€ sagt und am Ende landet man bei 40€.
Dieses Spiel erfordert, dass man bei großen Plänen Dekaden (Ingame Zeit) investiert, da sich langfristige Auswirkungen erst später zeigen. Insbesondere wenn man die vorherrschende Regierungsform wechseln will (Diktatur o.ä) oder ein Land wirtschaftlich ausbluten lassen will. Versuch mal mit Saudi Arabien die US Wirtschaft so zu beeinflussen, dass Obama vom eigenen Volk hingerichtet wird, einfach nur faszinierend