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Shadowrun: Dragonfall (Rollenspiel) – Rollenspiel im Cyberpunk-Berlin

Im letzten Sommer feierte Shadowrun Returns ein solides Comeback. Zwar konnte das zu eng geschnürte Rollenspiel hinsichtlich Taktik, Interaktion und Offenheit nicht überzeugen. Aber dafür machte die Serienkiller-Story umgehend neugierig auf die Cyberpunkwelt, es gab coole Fähigkeiten und angenehm  verschachtelte Dialoge. Etwas mehr als ein halbes Jahr später gibt es ein weiteres Abenteuer, das mit komplett neuer Crew und Story im Berlin des Jahres 2054 spielt. Wie schlägt sich Shadowrun: Dragonfall? Mehr dazu im Test.

© Harebrained Schemes LLC / Harebrained Schemes LLC

Der Atem des Drachen

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Neues Abenteuer, neuer Held: Wie gehabt erstellt ihr einen Charakter aus den bekannten Rassen und Archteypen. Schamane, Magier und Samurai erklären sich von selbst; „Rigger“ hantieren mit Drohnen; „Decker“ hacken sich u.a. in die virtuelle Matrix. Aber das sind alles nur vorgefertigte Sets, ihr könnt auch komplett frei entwickeln und Fähigkeiten kombinieren. © 4P/Screenshot

Eigentlich sollte Feuerschwinge seit 42 Jahren tot sein. Schließlich wurde er laut den Geschichtsbüchern von Dr. Adrian Vauclair vernichtet, der mittlerweile wie ein moderner Siegfried verehrt wird. Aber einige Indizien deuten darauf hin, dass der gefürchtete Drache wieder sein Unwesen in Deutschland treibt. Oder ist das alles apokalyptische Spinnerei? Wer könnte sonst hinter diesen seltsamen Mordanschlägen stecken, die über plötzliche Biofeedback-Schläge für den sofortigen Tod des verbundenen Hackers sorgen?

Shadowrun: Dragonfall schürt nicht nur die investigative Neugier, sondern macht erzählerisch sehr viel richtig. Auch ohne Motion-Capturing und ausdrucksstarker Mimik gelingt es der Regie recht früh, den Spieler emotional an seine Gruppe zu binden. Als Anführer einer vierköpfigen Party  ist man sehr engagiert bei der Suche nach Indizien, weil man bei seinem ersten Run in Berlin gleich einen Partner durch einen Mordanschlag verliert. Was als kinderleichter Einbruch deklariert war, endet in der Katastrophe.

Wer hat Monika Schäfer ermordet?

Sehr geschickt lässt einem das Drehbuch die Wahl, in welchem Verhältnis man zur ermordeten Monika Schäfer stand – man kann sich z.B. für den Geliebten, den Freund

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Ganz stark ist das Multiple-Choice-Dialogsystem: Man kann viele Gespräche über passive Fähigkeiten beeinflussen. © 4P/Screenshot

oder einen entfernten Kollegen entscheiden. So schlüpft man in die Rolle eines Neulings aus dem Rhein-Ruhr-Megaplex, der erst seit wenigen Runs im Team ist. Die Partyinteraktion ist zwar nicht so intensiv wie in Star Wars: Knights of the Old Republic, aber durchaus lebendig. Gleich zu Beginn muss man sich u.a. mit den  Sticheleien sowie dem Misstrauen einer Rivalin auseinander setzen. Wie reagiert man auf sie – herrisch, verständnisvoll, ausweichend?

Egal ob Eiger, die störrische Scharfschützin, die rätselhafte Straßensamurai-Schönheit Glory, der routinierte Schamane Dietrich oder der gut vernetzte Bandendoyen Paul Amsel – die Nebenfiguren sind durch die Bank interessant und markant. Und spätestens als einem Dante, der treue Hund von Monika, zuläuft und mit seinen traurigen braunen Augen anschaut, hat man sein Hauptquartier und die Crew ins Herz geschlossen. Schön ist auch, dass die Nebencharaktere über Sprechblasen manchmal die aktuelle Situation kommentieren. Auch wenn das manchmal zu selten vorkommt und dann wieder willkürlich wirkt, sorgt die Regie mit einfachen Mitteln für Identifikation und Leben in der Bude.

Auch die Story ist eine Stärke, obwohl sie immer noch linear verläuft. Es gibt erzählerische Überraschungen und angenehm verschachtelte Dialoge, in denen man auch mal zwischen den Zeilen lesen muss – so manche offensichtliche Antwort wird dann schonmal sarkastisch kommentiert. Wobei man je nach eigenen Fähigkeiten alternative Antworten geben bzw. Einfluss ausüben kann – und zwar wesentlich öfter als in der Premiere, so dass man viele Konflikte vermeiden kann. Es lohnt sich also, mit seinen Karmapunkten Charisma oder Intelligenz zu steigern. Auch die „Etikette“, ob man also Wissen aus Gangs, Firmen, Sicherheitsdiensten etc. mitbringt, wirkt sich spürbarer aus.

  1. Usul hat geschrieben:Wie sieht es denn nun mit der Kampflastigkeit aus? :) Kann man auch ohne viel zu kämpfen spielen?
    Nun ja ... äh ... Mir scheint das Arena-Prinzip nicht ausgeschaltet zu sein. Die Zwischensequenzen haben viel Text-Story (für mich ok), führen aber im Prinzip von einem Kampfplatz zum nächsten. = Shadowrun.

  2. dx1 hat geschrieben:
    Kajetan hat geschrieben:Da hat jemand verstanden, was SR ausmacht.
    Ob das (u.a.) dieser ►Jordan Weisman war? :Häschen:
    weiß ich nicht, aber selbst wo Kajetan recht hat (=> Atmosphäre!) kippt bei mir manchmal die Stimmung: dort wo es so entsetzlich klischeehaft zugeht. Ich fürchte, die allerersten shadowrun-Romane haben die Fantasien ziemlich zugeclaimed; das Spielsystem neigte auch dazu - und irgendwie pflanzt sich das wie eine Schockwelle fort.
    Trotzdem bin ich von SR: returns angenehm überrascht. Hatte eigentlich mit den rundenbasierten Kämpfen schon abgeschlossen... Ach ist das schön, wenn man wie früher mal zwischendurch ein Fläschjen Bier holen kann :-)

  3. 4P|T@xtchef hat geschrieben:Aber Brakiri, alter Forenkumpane - wenn wir irgendwann auf die 50 zugehen, sollten wir uns mal bei einem Whiskey über diese Neverwinter-Nights-2-Narben unterhalten. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass wir uns komplett asynchron verhalten, was Rollenspiele angeht. Ich wette sogar darauf.
    Das sind z.B. ein paar Rollenspiele, die ich in Klassikern oder im Test empfohlen habe: The Bard's Tale, Planescape Torment, Icewind Dale, Arcanum, Neverwinter Nights, Baldur's Gate 1 & 2, Gothic 1 & 2, Vampire: Die Maskerade - Bloodlines, Legend of Grimrock, Star Wars: Knights of the Old Republic, Fallout 3, The Witcher 1 & 2.
    Jetzt streich mal alle weg, die nicht dein Ding sind. Nich lügen! :wink:
    Ha, einem Gläschen Balvenie Doublewood bin ich nie abgeneigt ;)
    Ne ich gebe zu, die meisten davon habe ich gerne gespielt.
    Nicht gefallen haben mir Bard's Tale, Legend of Grimrock.
    Ich korrigiere mich also: Bei den eher NEUEREREN RPGs gehen unsere Meinungen ein wenig auseinander. Primär Dragon Age:Origins, Shadowrun Returns und NWN2+Addons.
    Aber das macht es ja grade so schwierig.
    Damals gab es eine gute Chance, dass ich die Spiele auch mag die du mochtest, aber die DA:O(fürchterlich!) und NWN2(fast verpasst!)-Narben sind tief und noch nicht ganz verheilt...geb ich ehrlich zu ;)

  4. Skabus hat geschrieben: Da hast du auch schon das Problem. Die Spiele sind teilweise so alt, dass man selbst als hartgesottener Nostalgiker irgendwann die Segel streicht. Daher war Legend of Grimrock meine erste Wahl.
    Hm, also insbesondere Eye of the Beholder und Lands of Lore sind wirklich gut gealtert. Gut, über Grafik kann man sich streiten, aber ich find diese handgepixelte Grafik aus den frühen 90ern auch heute noch durchaus ansehnlich. Vom Gameplay selbst sind die alten Spiele sogar stellenweise komfortabler, man steigt beispielsweise automatisch auf (ich mein dass man bei LoG Punkte verteilen musste) und Zauber lassen sich einfach aus dem Menü herraus auswählen, man muss also nicht erst verschiedene Runen zusammenklicken. Wie geschrieben, wem LoG gefällt kann ich die anderen beiden Titel nur empfehlen. Und das sind jetzt auch keine Mammutspiele bei denen man irre viel Zeit investieren muss, grad Eye of the Beholder sollte auch ohne große Vorkenntnisse in 3-4 Nachmittagen zu knacken sein.
    Usul hat geschrieben: Nun ja, ich dachte, du sprichst von neuen Titeln... ich denke, Fans des Genres werden die alten Klassiker ja schon kennen. Ich kenne sie z.B. und bin nicht mal großer Dungeon-Crawler-Fan. :D
    Achso, das war dann ein Missverständnis. ;)
    Außer Legends of Grimrock kenne ich sonst auch keine neueren Dungeoncrawler mit Echtzeitkampfsystem. Schade eigentlich. Ich hoffe einfach dass LoG 2 ein bischen mehr Feinschliff bekommt, dann wär ich auch damit zufrieden.

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