Über den Hintergrund meines Charakters lassen mich die Entwickler im Unklaren und auch der Name Alex verrät nichts über mein Geschlecht. Nach dem Empfang einer geheimnisvollen Botschaft finde ich mich an einem verlassenen Strand wieder. Um die Möglichkeiten der HTC Vive zu nutzen, wird die Kulisse natürlich zu Fuß aus der Ego-Sicht erforscht. Das funktioniert mit Hilfe des „Blink“-Systems der Entwickler meist relativ gut: Meine Kopfausrichtung lenkt das Zielkreuz an den gewünschten Punkt, mit dem Daumen drehe ich auf dem Touchpad meine Blickrichtung zurecht und schon stehe ich z.B. vor einem knorrigen alten Tisch, auf dem mich neue Botschaften meiner Schwester und vom durchgeknallten Professor erwarten, der offenbar an dem abgelegenen Ort haust. Im Rahmen meines Raums schreite ich ein wenig umher – manchmal lande ich leider in einem Felsen oder anderen Objekten, so dass die Sicht kurz verschwimmt.
Die meisten herum liegenden Gegenstände kann ich mit den Controllern aufheben, drehen, öffnen, inspizieren oder auch werfen, z.B. Feuerwerkskörper (die sich auch anzünden lassen), Kisten oder Briefe mit Hinweisen. Wichtige Objekte werden blau markiert. Zunächst hatte ich leichte Probleme, die winzige Schrift auf manchen Dokumenten zu lesen. Als ich in den Optionen den Detailgrad erhöhte, ging es deutlich besser. Allgemein ist eine Lehre des Spiels aber, dass Adventure-Entwickler vor allem mit großer Schrift (z.B. Graffiti-Hinweisen) oder akustischer Erzählung arbeiten sollten.
Räumliche Erkundung
Passend dazu erklärt mir z.B. ein Sprecher im Tutorial die Steuerung. Auch die zahlreichen Audiologs offenbaren mir auf gelungene Weise immer wieder kurze Story-Häppchen. Wenn ich meinen Walkman um den Kopf wandern lasse, wird sogar die Ausrichtung räumlich akkurat berechnet, obwohl ich nur Stereo-Stöpsel in den Ohren habe. Auch davon abgesehen wirkt die Vertonung mit ihren sanften Synthie-Melodien von Jeremy Soule und der professionellen, komplett englischen Synchro stimmungsvoll: Als ein stürmischer Schauer aufzog, bekam ich sogar eine leichte Gänsehaut und erwartete intuitiv, dass ich kurz danach eigentlich den kalten Wind spüren müsste. Schade, dass es keine Untertitel gibt, denn den versoffen murmelnden Einsiedler habe ich mitunter kaum verstanden. Nach der Entdeckung einer geheimnisvollen Maschine scheint er paranoid geworden zu sein, faselt ständig von Geheimdiensten und versteckt sich hinter dem Eingang zur Kanalisation.
Da die erste Episode mit nur knapp zwei Stunden ziemlich kurz bleibt, verrate ich lieber nicht all zu viel über die Geschichte oder die wenigen Rätsel. Meist muss ich einfach nur ruhig und aufmerksam durch die Welt schreiten, um Hinweise zu entdecken und mit Hilfe von Objekten an andere Dinge gelangen. Je tiefer ich in die verwinkelten Höhlen vordringe, desto häufiger treffe ich auf kleine Mechanik-Aufgaben, in denen man Sicherungen und Schaltkreise richtig platzieren muss – nicht besonders spannend. Es ist zwar ein cooles Erlebnis, dass solche Rätsel nicht mehr wie in anderen Spielen ausgelagert werden, sondern direkt in der Welt auf mich warten, wo ich sie aus allen Winkeln beäugen kann und in tiefen Regalen nach Teilen suche. Die wenigen Puzzles an sich bieten aber kaum eine Herausforderung.
Störende Hardware-Probleme
Problematisch wird manchmal auch der Hardwarehunger des Spiels. Ich musste einige Effekte und Qualitätseinstellungen herunterschrauben, um mit einer GTX 980 noch die dringend notwendigen 90 Bilder pro Sekunde zu halten. Um die Kulisse optimal darstellen zu können, braucht man offenbar eine 980 Ti, eine Titan X oder vergleichbare Karten von AMD. Auch das Tracking litt ein wenig unter den Performance-Einbußen bzw. der nicht optimalen Abstimmung auf die Lighthouse-Umgebung. In diesem Spiel kam es etwas häufiger zu kurzen Kamerawacklern oder Controllerzucken als anderswo. Auch die Bedienung des Inventars wirkt noch nicht optimal: Eigentlich muss ich nur hinter mich greifen, um den Rucksack nach vorne zu holen, auf Gegenstände zu klicken und sie aus der Mitte der Tasche zu ziehen. In der Praxis endet die Aktion aber oft mit unnötigem Gefummel oder einem in der Luft vergessenen Rucksack.
Den Großteil der Zeit konnte mich der Mix aus Erforschung und Puzzles also nur mäßig unterhalten, Ein echtes Highlight gab es allerdings am Ende der ersten Episode. Im Gegensatz zu manch einem unbefriedigenden Mystery-Film passiert hier zum Schluss richtig viel, so dass ich irgendwann nur noch mit offenem Mund dastand und mich jetzt auf die Fortsetzung freue. Es wird genug aufgeklärt, um für einen befriedigenden Abschluss zu sorgen, welcher allerdings auch genügend neue Fragen aufwirft. Ein unheimliches Erlebnis war außerdem, als ich von einer unbekannten Figur umschlichen wurde und nicht wusste, ob sie eventuell gleich auf mich zu stürmt. Hier zeigt sich bereits das Potenzial (und die Gefahren) des Horror-Genres in VR. Ein P.T. Mit dem Headset möchte ich mir lieber nicht vorstellen…
Viele Punkte kann ich unterschreiben, würde persönlich aber eher eine 7 bis 7.5 geben. Der Einstieg ist zwar etwas zäh, das Ende der erste Episode macht diesen aber mehr als wett und zeigt, was mit einer toll erzählten Geschichte in VR alles möglich ist. Gänsehaut-Stimmung! Nur den von Euch genannten Hardwarehunger kann ich nicht nachvollziehen, denn ich hatte mit meiner 970 auf maximalen Details keinerlei Probleme oder merkliche Ruckler, die mich zum Runterregeln bewegt hätten. Vielleicht ist eher die Optimierung an die einzelnen Karten, besonders im Bereich High End, noch nicht optimal.