Immerhin bleibt auch etwas Zeit zur Muße. Die mächtige Lady vermacht dem Hexer recht früh ein eigenes Weingut als Vorschuss für seine Dienste – inkl. Haushofmeister und elfischer Wurzeln. Dort soll er sich in Ruhe seinen Studien widmen, denn er will die Überreste der Opfer näher untersuchen. Außerdem kann er seinen Hof sowohl äußerlich als auch architektonisch renovieren, darf Rüstungen, Waffen oder Gemälde ausstellen, Stall, Kräutergarten, Labor, Gästezimmer etc. errichten und soll sich ganz wie Zuhause fühlen. Es ist schön, wie entspannt man mit dem Haushofmeister durch sein Domizil flanieren kann, während er sein Wissen über die ehemaligen Besitzer sowie mögliche Verbesserungen teilt.
Aber dieses Abenteuer kann einen auch zum Workohexer machen: Abseits der blutigen Hauptaufgabe wimmelt es nach den ersten Ausflügen durch Land und Stadt vor kleinen Aufträgen und Gesuchen; hinzu kommt ein lukratives Gwint- sowie ein ritterliches Turnier inkl. Handgemenge. Kaum öffnet man die riesige Gebietskarte zur Übersicht, fühlt man sich wie einem komplett neuen Rollenspiel. Man weiß gar nicht, wo man zuerst beginnen soll und freut sich einfach, dass CD Projekt RED den Vorhang nochmal so weit aufmacht.
Sehr schön ist auch, dass die Regie nicht einfach Bekanntes zitiert, sondern gerade hinsichtlich der inszenierten Gefechte sowie der Neben- und Hauptcharaktere einige Asse aus dem Ärmel zieht. Außerdem kann die Hintergrundgeschichte der Morde mit Überraschungen und Charakterkonflikten aufwarten, die diese Erweiterung auf ein erzählerisches hohes Niveau heben. Alles wirkt schlüssig und reif vorgetragen, zumal auch die fünf ritterlichen Tugenden sowie Freunde aus naher und ferner Vergangenheit thematisiert werden. Schließlich kann man ja auch Gäste einladen – und übrigens sein Bett aufwerten.
Neue Mutationen und Auswirkungen
Nicht zu vergessen: Yennefer erwähnt in einem Brief, dass irgendwo ein renommierter Experte für Hexermutationen sein Labor hatte – wer dieser klasse Quest folgt, wird sich über etwas Rätsel- und Grabräuberflair mit kleinen Irrgärten, Fallen und Schaltermechanismen sowie die neue Verzweigung der Charakterentwicklung freuen. Denn das bisherige System wird um exklusive Mutationen erweitert, die man einzeln erforschen und ausrüsten kann. Das ist deshalb so eingeschränkt, weil es sich um sehr mächtige und teils spektakuläre Aktionen handelt – wie z.B. Spezialangriffe mit fatalen Schäden bis hin zu explodierenden Feinden nach nur einem magischen Zeichen. Sehr durchdacht ist, dass sich diese Forschung wiederum auf die normale Charakterentwicklung auswirkt, denn es gibt vier weitere Plätze für normale Fähigkeiten, die zur aktiven Mutation passen. Oder anders: Geralt wird noch mächtiger; das Maximallevel steigt im „New Game+“ übrigens auf satte 100.
Nicht nur das Erzählerische überzeugt, auch das Spielerische wie das erwähnte Mutationssystem. Zwar kann Geralt immer noch viel zu viel Krims und Krams sammeln und meist ohne Konsequenzen alles mitgehen lassen. Aber es geht in den Quests abseits von Holen und Bringen, Schatzlagern und Monsternestern angenehm abwechslungsreich zur Sache. Hinzu kommen Wechselwirkungen, die über die wiederbelebten Dörfer des Hauptspiels hinausgehen. Zerstört man das Hauptquartier der Banditen, wirkt sich das auf die Region aus – man hat es z.B. mit weniger Feinden zu tun. Befreit man Geiseln aus ihren Fittichen, werden neue Händler aktiv. Überhaupt gibt es angenehm verbundene Aufgaben, die einen am Ende einer Kette von Aktionen mit dem Erreichten belohnen. Hinzu kommt natürlich das ganze Drumherum, das Fans freuen wird: Man kann über 20 neue Gegnertypen sowie Monster entdecken, etwa 30 frische Waffen einsetzen, es gibt 200 einfärbbare Rüstungsteile, darunter neue Hexeroutfits, zumal die bekannten Sets auf die Großmeister-Stufe verbessert werden können – so werden sie nicht nur optisch ergänzt, sondern profitieren auch von statistischen Boni. Was seit Patch 1.20 zudem sehr positiv auffällt: Die Benutzeroberfläche wurde deutlich aufgewertet, denn sie ist sinnvoller strukturiert, die Icons und Texte sind nicht mehr so winzig, man kann alles besser lesen und es gibt mehr Sortierfunktionen.
Cyberpunk 2077 wird nie diese Perfektion von Witcher 3 erreichen.
Witcher 3 und dieses DLC gehören einfach zum besten, was es im Bereich Videospiel gibt.
Witcher 3 reifte auch erst mit den Folgemonaten. Aber hauptsache wieder rummeckern...
Fazit Herr Luibl:
"Wenn die Polen mit diesem Service und dieser Leidenschaft an Cyberpunk 2077 rangehen, kann man sich als Rollenspieler nur diebisch freuen"
Tjaja, was soll man sagen. Witcher 3 wurde mit seinen Addons immer besser und gipfelte (für mich zumindest) in nie da gewesener epicness. Blood and Wine gehört für mich zu den Top 3 Spielen aller Zeiten.
Und Cyberpunk? Das ist dagegen wirklich eine Gurke. Total der Rückschritt.
Nachtrag: Wenn man aus dem Spiel heraus B&W startet, können zwar einige Hinweise, aber nichts zur Hauptstory.
Und vermutlich steht dann auch ein Level daneben, das rein von der Höhe schon signalisiert "nach dem Hauptspiel".
Aus meiner Sicht kann man da nirgends heraus ableiten, dass man B&W jederzeit spielen könnte, sondern dass schon eine Reihenfolge gedacht ist.