Die ganz große Wrestling-Euphorie schlägt nicht mehr in meinem Herzen. Gelegentlich schaue ich zwar immer mal wieder in die Raw- oder Smackdown-Aufzeichnungen rein, um auf dem Laufenden zu bleiben – alleine schon, um mich für den alljährlichen Test rüsten zu können. Doch irgendwie schaffen es die neuen Stars nicht mehr, mich so mitzunehmen wie es die alte Garde um Mr. Perfect, Ted DiBiase, Shawn Michaels, Diesel, The Rock, Triple H oder „Stone Cold“ Steve Austin über Jahrzehnte schafften. Und die Zeiten, in denen ich auch mal nachts für Live-Großveranstaltungen wach geblieben bin oder gar zusätzliches Geld für Pay-Per-Views ausgebe, sind vorbei. Vieles kann damit zu tun haben, dass der Undertaker, mein absoluter Favorit unter den Showkämpfern, in den letzten Jahren schleichend in Rente gegangen ist. Und die neuen Stars wie Roman Reigns, Baron Corbin oder Finn Balor schaffen es einfach nicht, mich in der gleichen Art und Weise zu faszinieren. Vielleicht bin ich zu nostalgisch, aber das in vielerlei zu glatt gebügelte und auf Familienfreundlichkeit Produkt „WWE“ hat sich zu weit von der Attitude-Ära und den nachfolgenden Jahren entfernt.
Spektakuläre Showkämpfe werden immer noch geboten. Doch das gewisse Etwas, dass Wrestling für mich von den 90er Jahren bis etwa 2010/11/12 geboten hat, fehlt mir mittlerweile. Dass die Wrestling-Spiele in den letzten Jahren ähnlich wenig Euphorie entfachen konnten, liegt an ganz anderen Elementen. Schon bei den vorherigen Lizenznehmern Acclaim und THQ gab es mit dem jährlichen Turnus Probleme und uneinheitliche Qualität. Doch seit dem Sprung auf die gegenwärtige Konsolen-Generation, der wie es der Zufall so will, mit dem Publisher-Wechsel zu 2K Sports zusammenfällt, fehlt die Faszination, das Besondere. Dass die jährliche Verantwortung einer Spieleveröffentlichung (um die nicht gerade geringen Lizenzkosten einspielen zu können) häufig zu Lasten der Qualität in dem einen oder anderen Bereich geht, ist nichts Neues und vor allem für Sportspiele ein Gefahrenherd. Aber obwohl das „alte“ Team von Yuke’s, das seit mittlerweile gut 20 Jahren die Wrestler in virtueller Form produziert, um die Expertise der NBA-2K-Spezialisten von Visual Concepts ergänzt wurde, hat diese potenziell bombastische Verbindung bislang nicht wirklich packen können.
Hass-Liebe
Dementsprechend bin ich regelrecht überrascht, wie viel Zeit ich bislang in WWE 2K18 investiert habe. Und das, obwohl die Konsolen-Wrestler sowohl auf PS4 als auch vor allem auf One in der Anfangsphase, sprich: vor dem aktuellen Patch 1.02, alles in ihrer Macht stehende getan haben, um mir den Spaß zu verderben. Die Ladezeiten sind immer noch horrend, ziehen sich durch alle Bereiche und machen vor allem den neuen Karriere-Modus „Mein Spieler“ immer wieder zu einer Belastungsprobe für die Nerven. Dabei haben die Veränderungen durchaus Potenzial. Man kann sich jetzt vor jeder Show frei durch den Backstage-Bereich der Arena bewegen, mit den dort anwesenden Superstars und Diven plaudern und je nach Fortschritt noch weitere Aktionen wie Promos usw. starten. Das Problem hier ist allerdings einerseits, dass alle mit nur wenigen Ausnahmen allgemeines Blabla von sich geben und nur in geskripteten Ausnahmefällen auf die Aktionen eingehen, die ich mit meiner Figur entweder gerade in der Show oder in einer Sendung der letzten Wochen abgezogen habe. Da zudem keinerlei Sprachsamples von den Athleten integriert wurden, lässt man hier auch noch massiv Atmosphäre-Punkte liegen.
Wrestling lebt von "suspension of disbelief" (vergleichbar mit der Immersion im Gaming). Ob das nun durch ein TV-Serien Setting oder die Darstellung als legitimer Kampfsport erreicht wird, ist vom Zuschauer abhängig. Mir gefällt letzteres besser, zumal NJPW noch ein wenig Grauzone mit reinbringt und ein Stück Realität in einige Storylines mischt, wie die WWF / WWE das zu ihren besten Zeiten getan hat.
John Cena, Ronda Rousey, Brock Lesnar, Randy Orton und The Undertaker - alles aktuelle Stars - kennt sicherlich nahezu jeder. The Miz hat auch schon ein paar Filme gedreht, Chris Jericho ist nebenbei als Musiker mit seiner Band Fozzy auch im Rock-Genre kein Unbekannter. Überhaupt ist die Aussage quatsch, dass in den 90ern mehr Wrestler bekannt gewesen sein sollten als heutzutage. Allein schon dank dem Internet ist es doch für die WWE viel leichter Geschehnisse zu verbreiten. Man findet auch immer mehr Crossover-Events, wie bspw. Kevin Owens Auftritt bei einem Shania Twain Konzert. Und auch da wieder Thema Internet: Früher wäre da vielleicht mal irgendwo in einem Klatschmagazin ein Bild aufgetaucht, heute verbreitet sich das auf Instagramm, Facebook etc. rasend schnell.
Statisten in einem Filmstudio...TNA hatte natürlich auch mehr Geld als ROH. ROH läuft auch nicht Landesweit im Fernsehen, wie WWE, TNA oder LU. Witzigerweise ziehen sie aber sogar mehr zahlendes Publikum als TNA.
Das macht nahezu jede Liga. Einschließlich WWE und ROH. NJPW [genau wie ROH] legt da vielleicht den Schwerpunkt anders und setzen mehr auf die Action und Qualität im Ring, statt um das Drumherum. Finde ich persönlich aber ganz gut. Mir reicht es grundsätzlich wenn sich zwei darum streiten, wer der bessere Mann im Ring ist oder wer der neue Champion wird. Ich brauch da keinen Familienzwist als Hintergrundgeschichte, in der sich Wrestler A und B prügeln, weil rauskommt, dass die Frau von A...
(Der ist doch noch aktuell, oder? *g*)
"Der Erfolg der Showkämpfe des World Wrestling Entertainment ist auch über 30 Jahre nach dem ersten WrestleMania-Event ungebrochen."
Das ist schlichtweg falsch. Nach dem Mega-Hype in den 1990ern ging es dann spätestens nach dem Ende der Attitude-Ära kontinuierlich bergab. Aktuelle WWE-"Superstars" kennen nur Wrestling-Fans. Ansoinsten keine Sau. Hulk Hogan kannte damals quasi jeder. Bret Hart kannten zumindest noch alle Bravo-Leser und den Undertaker immerhin diejenigen, die wußten, was Wrestling ist.
Von "ungebrochenem Erfolg" konnte man nichtmal mehr Mitte der 90er sprechen, da die Konkurrenz in Form der WCW die damalige WWF plattzumachen drohte. Zum Glück für die heutige WWE hatten die in der Führungsetage nur Vollpfosten, die den Laden trotz quasi unendlichem Budget dann zielsicher in die Pleite geführt haben...
Was alberner sein soll bei NJPW habe ich doch ganz genau geschrieben - das ganze Getue, als ob es legitimer Kampfsport statt Show wäre. Mag ja inzwischen anders sein, aber vor wenigen (<10) Jahren war es noch so. Von daher ja auch die Frage nach den Storylines - das erschien mir bei den Japanern bisher bestenfalls am Rande vorgekommen zu sein, da man ja mit legitimen Sport (auch wenn es Fake ist) keine Geschichte drumherum erzählen muss.