Die Probleme sind umso bedauerlicher, da sowohl Grundkonzept als auch Artdesign prinzipiell gelungen sind. Die Shooter-Mechanik, bei der sich die zig Schießprügel in verschiedenen Gattungen angenehm unterschiedlich anfühlen, ist solide. Die düsteren Gänge liefern mit ihren Licht- und Schattenspielereien eine eigentlich passable Kulisse und erinnern in besonderen Momenten an EAs Dead-Space-Serie – wenn nur die vermaledeiten Kanten nicht wären. Zugegeben: Beim Gegnerdesign hätte man abseits der Bosse etwas mehr Abwechslung einbringen können. Doch unter dem Strich zeigt der Kern dieser Splatter-Ballerei viel Potenzial. Denn man überschreitet mit ein paar Elementen sogar die Grenze zum Action-Rollenspiel à la Borderlands. Man hat zwar nicht so viele Knarren zur Verfügung und deren Eigenheiten werden auch nicht per Zufall zusammengestellt. Dennoch freut man sich, wenn man als Belohnung eine neue potente Wumme von einem getöteten Boss bekommt und so den nächsten Abschnitt gestärkt angehen kann. Oder wenn man im Shop sein mühsam Erspartes oder beim Verkauf nicht mehr benötigter Knarren erworbenes Kleingeld gegen eine schicke neue Waffe eintauschen kann.
Aufrüsten ist angesagt
Alternativ kann man seine Blei- oder Energiespritze bzw. die Nahkampfwaffe auch über Upgrades verstärken – was im Zweifelsfall allerdings günstiger sein kann als einen frischen Schießprügel zu erstehen. In diesem Zusammenhang schade ist allerdings, dass die Wahl der mitgeführten Waffen relativ eingeschränkt ist. Ich hätte z.B. gerne ein Sturmgewehr, eine Pistole und eine Schrotflinte dabei und würde dafür auch auf eine Nahkampfattacke verzichten. Aber es fallen z.B. Katanas auch unter die Sekundärwaffen-Kategorie, die man normalerweise mit einer Pistole oder Schrotflinte besetzen kann. Es wäre komfortabler gewesen, wenn man die drei Waffenslots (plus einem für Sprengstoffe) frei belegen könnte. Bei den Waffen hört der Action-Rollenspiel-Einfluss aber noch nicht auf. Auch die Eigenschaften und Fähigkeiten des Helden lassen sich nach Levelaufstieg in diversen Kategorien verbessern, die teils von der gewählten Klasse abhängen. Zudem kann man neue Implantate finden oder kaufen und einbauen lassen, die z.B. dafür sorgen, dass die Schussgenauigkeit zunimmt, man schneller nachlädt, mehr Ausdauer hat oder man mehr Munition mitschleppen kann, von der man in den Abschnitten normalerweise immer genug findet. Abgerundet wird der Ausrüstungswahn durch die Rüstung, die es wie fast alles, nicht nur in unterschiedlichen Varianten, sondern auch Seltenheitsstufen von „Gewöhnlich“ bis „Mythisch“ gibt. Selbstverständlich gibt es für ein volles Set einen Bonus. Und natürlich kann man auch hier durch die sogenannten Codex-Einschübe weitere Verbesserungen einsetzen.
Mit diesen Elementen hätte Dead Effect 2 trotz aller Vorbehalte wie mobiler Ursprung oder schwacher KI durchaus das Zeug zu einem kompetenten Run&Gun mit Splatterbonus gehabt. Zumal auch einige interessante Minispiele integriert wurden, um bestimmte Vorrichtungen zu hacken oder zu öffnen. Zusätzlich zur banalen Story darf man sich auch an alternativen Nebenmissionen versuchen, bei denen man zwar keine neuen Abschnitte oder Gegner zu Gesicht bekommt, die aber dennoch wegen der ausgeschütteten Beute und der gewonnenen Erfahrung ans Pad locken können. Die Gegner skalieren hier mit dem Spielerlevel und sorgen so dafür, dass man stets gefordert ist – aber auch entsprechend belohnt wird. Schade: Egal, ob man z.B. die Lone-Wolf-Missionen, den Biohazard-Modus (Wellen) oder Survival (gegen die Zeit) wählt, läuft vieles zu gleichförmig. Hier würde der wegrationalisierte Koop-Modus Wunder wirken – ganz zu schweigen von einer Splitscreen-Option. Die wiederum würde die ohnehin spröde Kulisse vermutlich in die Tiefe reißen. Und so ist der geheime Star von Dead Effect 2 tatsächlich die Musikuntermalung, die mit ihren stimmungsvollen, meist energiegeladenen, aber gelegentlich auch an Phillip Glass erinnernden Kompositionen so etwas wie Filmflair schafft.
Danke für das kleine Update.
Denn bei allem Verständnis für ein Indie-Studio und dessen finanzielle Lage und bei allem Indie-Bonus, den solche Projekte bei vielen Spielern - auch bei mir - haben, dass ist ja im Prinzip das absolute Eingeständnis, dass hier nicht etwa ein Fehler vorlag, eine Sprachbarriere etwas damit zu tun hatte oder ähnliches, sondern das es eben in der Tat, genau so wie es auch klang, eine Beeinflussung der Reviews das Ziel war. Ich wünsche einem kleinen Studio sicher nichts Schlechtes, aber den Kopf haben sie damit für mich nicht wirklich aus der Schlinge gezogen, nicht zuletzt auch, weil Developer mitunter ein sehr anderes Verständnis davon haben dürften, was eine "realistische und ehrliche" (negative) Bewertung ihres eigenen Produktes ist, als unabhängige Tester/Medien und deren Leserschaft/Zuhörerschaft/Zuseher.Ich bin aber nicht sicher, ob es dieser Abschnitt hier wirklich besser macht
Es gibt immer wieder Publisher, die ein Magazin nach Wertungen irgendwie sanktionieren wollen. Auch wir standen und stehen auf schwarzen Listen und wissen genau, wer nicht will, dass wir ein Spiel zu früh besprechen. Aber das, was da gerade zwischen Entwickler Badfly und Blackball passiert, ist im Kontext unserer Erfahrungen wirklich nicht der Rede wert.
Wir haben da natürlich ein dickes Fell. Und in der Branche weiß man, dass wir uns von niemandem in unsere Wertungen reinreden lassen. Gerade kleinere Entwickler sind - in der Regel - auch eher froh, wenn wir sie überhaupt besprechen, weil wir kaum noch Zeit für all die Spiele haben, die da die digitalen Stores fluten. Sie wissen, dass selbst Bad Publicity mit News, Video und Test besser ist als gar keine.
Natürlich haben die auch schonmal rumgezickt, aber das oben angeführte Argument gegen eine schlechte Wertung (oder für eine bessere Behandlung seitens der Presse), dass man nämlich nur ein kleines Team sei oder keine Triple-A-Ansprüche habe, ist natürlich für die Tonne. Und zwar komplett. Natürlich darf man sie alle nebeneinander beurteilen, das kleine DarkMaus und das große Dark Souls! Gerade angesichts unseres Archivs mit so viel guten bis sehr guten Wertungen für kleine Studios ist das Bitte-behandelt-uns-fair ohnehin nicht schlagend. Das tun wir, denn man kann sogar ein Spiel des Jahres mit wenig Budget entwickeln - siehe This War of Mine. Klasse Spieldesign kann Produktionsqualität immer aufwiegen.
Ich will diesen Versuch der Beeinflussung und Androhung durch dieses Studio nicht kleinreden, denn so ein Verhalten "lernt" man in dieser Branche, weil es scheinbar irgendwo funktioniert und man nicht über den medialen Tellerrand hinausschaut - denn dann würde man auch als kleiner Entwickler den PR-Bumerang erkennen.
Aber die strukturellen Probleme der Presse im Allgemeinen, die Gleichschaltung von Redaktionen sowie das immer stärkere Wegrationalisieren von kritischer Berichterstattung durch SEO-optimierte...
Einer der Entwickler hat sich im Kommentarbereich zu Wort gemeldet:
Glaubt man nämlich den Anekdoten aus diversen Kreisen, so sollen selbst Outlets, die praktisch nur positiv gefärbte Berichterstattung betreiben, es sich auch sehr schnell mal mit den Herstellern verscherzen können: