Dass man sich dabei gerne umschaut, weil dieses Dishonored so malerisch inszeniert wird, kennt man aus dem Vorgänger – besonders gut gefallen hat mir das Konservatorium mit seinen ausgestopften Rieseneulen an der Decke. Aber diesmal versetzen einen die Leveldesigner in mindestens zwei von neun Kapitel regelrecht in Staunen. Zum einen ist da das faszinierende Maschinenhaus. Man fühlt sich wie in einem architektonischen Zauberwürfel, wenn sich Flure plötzlich aufrollen oder sich ganze Boden- und Wandkonstruktionen verschieben, um den Blick auf untere Etagen oder ganz neue Zimmer zu richten – das wird unheimlich gut inszeniert!
Während man diese labyrinthische Anlage mit all ihren prall gefüllten Vitrinen und skurrilen Exponaten erkundet, wird man nicht nur von cool designten Robotwächtern verfolgt, sondern von ihrem Schöpfer immer wieder angesprochen. Er kommentiert das eigene Verhalten sarkastisch und treibt einen wie eine Maus durch seinen tödlichen Käfig – da entstehen einige köstliche und überaus gefährliche Situationen, obwohl es ruhig noch anspruchsvoller hätte sein dürfen. Das Gehirn wird hier trotz der räumlichen Drehungen nicht so verzwirbelt wie etwa in Portal. Trotzdem: Nur wenn man die Umgebung genau studiert und für seine Zwecke einsetzt, wird man das Maschinenhaus meistern.
Der Fall des Hauses Stinter
Das ist schon ein außergewöhnliches Erlebnis, aber später gibt es in einem
verfluchten Anwesen ein weiteres Highlight, das den übersinnlichen Aspekt des Abenteuers sowie das Rätselflair nochmal intensiviert. Dort wird man zwar seiner Kräfte beraubt, kann also auch keine Teleports nutzen, darf aber im Gegenzug den so genannten „Chronowandler“ einsetzen, um die Zeit zu manipulieren. Auf Knopfdruck wechselt man von der traurigen Gegenwart des verfallenen Herrenhauses mit seinem irren Besitzer Stinter in die prächtige Vergangenheit, als noch alles in vollem Glanz erstrahlte und ein hoch brisanter Besuch stattfand.
Dieser Wechsel zwischen den Zeiten wird taktisch umso interessanter, weil man über dem Chronowandler auch ein Fenster in die jeweils andere Zeit öffnen kann, so dass man parallel sieht, was in der anderen Zone geschieht: Will ich eine Wache in der Vergangenheit ausknocken, kann ich mich gefahrlos und punktgenau in der Gegenwart an sie heranschleichen, weil ich sie ja links sehe – bin ich nah genug dran, wechsle ich die Zeit und schlage zu. So kann ich natürlich auch wunderbar nach einem Alarm fliehen, außerdem ist der Wechsel für die Route wichtig, denn manchmal gibt es in der Vergangenheit geschlossene Türen, aber heute einen offenen Korridor oder umgekehrt. Hinzu kommen kleine physikalische Manipulationen, die Wege frei machen. Und wo es im Maschinenhaus die bissigen Kommentare gibt, sorgt hier ein böses Flüstern in der düsteren Gegenwart für etwas Horrorflair: „Sie wollen dein Blut, also hol ich es.“
Prey ist für den Winter schon eingeplant :)
Ja, und ich kann mir auch nicht vorstellen, Dishonored 2 nochmal abzuschließen. Ließ mich komplett kalt. Hier hätte der Antagonist auch einfach Skeletor sein können. Die 2 "Gimmick"-Level waren zwar voll toller Ideen, unterbrachen für mich aber den Spielfluss zu sehr. Da war die stand alone-Erweiterung schon eher nach meinem Geschmack.
Teil 1 hingegen ist irgendwie ähnlich zeitlos wie etwa Doom. Das kann ich auch jedes Jahr durchnudeln und es wirkt immer noch einzigartig und halbwegs frisch.
So, meinen gog.com - Schandberg mal wieder angegangen und den Nachfolger meines Spiels des Jahrzehnts nachgeholt. Technische Probleme gibt es jetzt ja keine mehr, lief bei mir auf einem mittlerweile etwas betagten System wie geschnitten Brot. Trotzdem ist Dishonored 2 für mich nach einmaligem Durchspielen (Emily, Hard, Low Chaos) aktuell der Inbegriff von "Enttäuschung auf hohem Niveau".
Der Grund: Welt und Story
Ich habe Dunwall in Teil 1 und seinen DLC´s geliebt. Ich mochte die bittersüße Tragik dieser Welt mit ihrer Industrialisierung, die auf Naturausbeutung beruht. Das viktorianische Design. Ich fand es absolut großartig und beklemmend, wie im Spielverlauf das Fortschreiten der Seuche im Stadtraum zu erleben war. Das war wirklich wirklich meisterhaft. Ich fand selbst den Spielplot einigermaßen ansprechend, vor allem wegen der Vater-Tochter-Beziehung und auch der politischen Fraktionen. Dishonored 1 ist für mich der Inbegriff von geglückter, kluger Verschmelzung von Weltdesign, Story, Lore, Atmosphäre und Gameplay. Seit System Shock 2 nie wieder auf diesem Niveau erlebt.
Nichts davon bietet mir Teil 2. Ich könnte hier jetzt ausufernd ins Detail gehen. Spare ich mir. Ich finde die neue Stadt uninteressant, auch optisch. Das Figurentableaut des Spiels interessiert mich nicht. Die Gegenspieler sind uninteressant. Die erzählerischen Konsequenzen des Spielerverhaltens am Ende sind lächerlich. Die Spielgeschichte ist banal. Was sie aus der Outsider-Mystik gemacht haben, kotzt mich an. Was bleibt ist das teils grandiose Leveldesign mit seinem Spielwiesen-Konzept. Ich bin mir ziemlich sicher, diese Level wurden eher fertig, als die sie verbindende Geschichte und Welt. Gameplay vor Story und Immersion. Interessanterweise wiederholt sich hier damit genau das gleiche wie beim großen Vorbild Looking Glass mit Thief 1 und Thief 2. Auch dort waren für den Nachfolger erst die Level fertig, bevor man eine Geschichte drum herum bastelte.
Nun ja. Ich mache jetzt noch einen...
Ich finde es besonders befriedigend diesen weiblichen Hexen Körperteile abzuschlagen, gutes Spiel, nicht nur darum natürlich.