Ein klarer Fall von Narkolepsie
Die meiste Frustration erlebe ich trotzdem nicht mit der leeren Welt, fehlenden Story oder den apathischen Charakteren, sondern mit der Müdigkeitsanzeige. In Garden Witch Life übersetzt sich eine Sekunde in Echtzeit in eine Ingame-Minute. Damit schreitet der Tag auf natürlich Weise voran und erreicht irgendwann eine Zeit, zu der es angebracht wäre ins Bett zu gehen. Obendrein aber füllt sich alle zehn Sekunden – meiner Prüfung nach unabhängig von der Tätigkeit – um eine Einheit, bis 70 Einheiten erreicht sind und die Ohnmacht einsetzt.
Heißt, nach dem Aufstehen um 6:00 bleibt bis ungefähr 17:00 Zeit, den Tag zu genießen. Eine kurze Frage von mir dazu: Warum? Immerhin gibt es zusätzlich ein Energielevel, das sich bei der Nutzung von Werkzeugen leert. Es leuchtet mir gar nicht ein, weshalb eine sinnbefreite Stoppuhr neben der normalen Uhrzeit läuft und frühzeitig in den Schlaf zwingt. Mit der Zeit lockert sich der Druck zwar etwas, indem die maximal tolerierbare Schläfrigkeit steigt, der dadurch erwirkte Trost hält sich aber in Grenzen.
Schaffe ich es nicht rechtzeitig das Kissen abzuhorchen, wache ich mit bereits 50 Prozent Müdigkeit auf, darf also höchstens bis circa 12:00 spielen. Und auch dann bin ich besser pünktlich, sonst wiederholt sich der Albtraum von neuem. Meine Vermutung, zu essen und den Sättigungsbalken in die Höhe zu treiben könnte dabei helfen, nicht vorzeitig einzuschlafen, hat sich nicht bestätigt. Ich bin mir immer noch nicht sicher, warum es überhaupt die Möglichkeit gibt sich satt zu futtern. Wäre nett gewesen, das zu erklären… oder generell Funktionen einzuführen, statt sie mir bloß vor die Nase zu klatschen.
Glücklicherweise sind sich die Entwickler*innen bewusst, dass die Mechanik der Müdigkeit alles andere als gut ankommt und überlegen aktuell, das Konzept nachträglich zu streichen. Vorerst aber muss ich einfach damit klarkommen zu kollabieren, wenn ich mir Zeit zum Erkunden nehmen möchte. Dabei soll das entschleunigte Entdecken doch eigentlich im Vordergrund von Garden Witch Life stehen, leider ironisch.
Wo das wahre Desaster beginnt
Den tatsächlichen Grauen von Garden Witch Life habe ich euch bisher noch verschwiegen, und zwar die schwerwiegenden Bugs und die absolut mangelhafte Technik. Bedenkt im folgenden, dass sich meine Kritik ausschließlich auf die Switch-Version bezieht.
Es versteht sich fast von selbst bei nicht nativen Switch-Spielen, fällt hier aber nochmal besonders auf: Die Grafik ist zu einhundert Prozent dürftig. Die Schatten sind beispielsweise viel zu harsch und flackern ganz unangenehm vor sich hin. Häufig ist es viel zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Also wenn nicht gerade maßlose Überbelichtung meine Netzhaut verätzt. In einem Abschnitt fehlt außerdem der komplette Boden, ich schaue in die endlosen Tiefen der 3D-Umgebung. Garniert wird dieses Chaos mit, am Umfang des Spiels gemessen, viel zu langen Ladezeiten.
Was noch? Die nasse Erde um meine Pflanzen hellt sofort wieder auf und erweckt den Anschein, ich hätte nie gewässert. Daher muss ich mich mehrmals am Tag fragen, ob ich mich um meinen Garten gekümmert habe, oder von Programmierfehlern Gaslighting erfahre. Zwischendrin ploppen nicht übersetzte, englische Texte auf. Apropros Texte, die Gegenstände in meinem Inventar zeigen weder Beschreibung noch Namen an, manchmal habe ich keinen Plan, was ich da überhaupt mit mir herumtrage.
Wenn ich mich mit vollem Müdigkeitslevel ins Bett lege oder einen Stack von zehn Kuchen in zwei zu Teilen versuche, stürzt das Spiel einfach ab. Einzelne Gegenstände in der Gemeinschaftsbox verkaufen sich nicht und das allerschlimmste: Die meisten Schatzkisten die ich öffne sind komplett leer. Am Anfang hat mich das nur verwundert, ich dachte die Truhen spawnen eventuell neu und ich brauche einfach Glück, sie an einem guten Tag zu erwischen.