Eigenhändiges Klettern
Da wichtige Infrastruktur zerstört wurde, muss Ryas erst einmal diverse Aufgaben erfüllen, bevor er sich auf die Suche nach seinem Bruder machen kann. Dazu gehört auch die Jagd auf einen Plünderer, um ihm ein Räderwerk für die Reparatur des großen Lifts zu entreißen. Einen Teil der meist linearen Wege durchquert Ryas mit relativ langsamer, freier Stick-Bewegung. Sie bleibt selbst auf der höchsten Geschwindigkeit sehr komfortabel. Empfindliche Naturen dürfen sich allerdings nicht per Teleport bewegen. Die alternative Steuerung über Handgesten erwies sich im Test nicht wirklich als praxistauglich
Einen Großteil der Zeit klettert der Held aber per Bewegungssteuerung die Berge hinauf, was bemerkenswert gut und intuitiv funktioniert. Dezente Griffmarkierungen weisen den Weg, während der Spieler blitzschnell an ihnen hochklettert, sich auf Anhöhen zieht oder später auch mit Spitzhacken ins Gestein schlägt. Fast wie im guten alten Edge of Nowhere also, nur dass das Erlebnis aus der Ego-Sicht um Welten immersiver ist (und schnell für Schweiß unterm Headset sorgt). Dabei sieht man lediglich Ryas‘ schwebende Hände, statt Arme wie im kostenlosen VR-Upgrade zu Resident Evil Village. Auch der Körper bleibt unsichtbar. Vielleicht wollten die Entwickler nicht, dass er bei den schnellen, verwinkelten Kletterpartien im Weg ist.
Endlose Ausdauer
Leider bietet das Kraxeln kaum spielerische Herausforderung: Anders als in The Climb 2 oder The Walking Dead: Saints & Sinners – Chapter 2: Retribution gibt es keine begrenzte Ausdaueranzeige. Trotzdem ist es sehr unterhaltsam, sich vor dem idyllischen Panorama immer wieder nach passenden Abzweigungen umzusehen, Fallen zu umgehen oder sie mit Hilfe von Gadgets zu deaktivieren. Sogar gigantische Maschinenwesen warten darauf, unter Zeitdruck erklommen zu werden. Zwischendurch lockern kleine Umgebungsrätsel das Erlebnis auf gelungene Weise auf. Mal muss ein verstecktes Zahnrad für eine gigantische Maschine gesucht werden, anderswo öffnen sich versperrte Durchgänge mit Hilfe einer Zugwinde. Die freischaltbaren Gadgets sind hier auf eine passende, überschaubare Menge begrenzt. Mit ihrer intuitiven Bedienung tragen sie viel zum Präsenzgefühl bei.
Auch das Basteln an der Werkbank geht nicht per Knopfdruck vonstatten. Der Enterhaken für den Schwung über Abgründe oder wird händisch zusammengesteckt und im passenden Winkel mit Garn umwickelt. Das gilt auch für andere Extras wie eine fette Wurfscheibe zum Aufbrechen verkeilter Mechanismen. Die kleinen Bastelstunden sind ein schönes Detail, selbst wenn längst nicht so viel Präzision wie beim Präparieren im alten DS-Spiel Spectrobes gefragt ist. Auch die Rüstung wird mit der Zeit etwas stärker. Komplexe Talentbäume oder ähnliche Personalisierungen fehlen allerdings – eine willkommene Abwechslung zur rollenspielorientierten Konkurrenz.
Eingeschränkte Arenakämpfe
Weniger gelungen wirken leider die Kämpfe: Hat Ryas ein Metallmonster wie den gewaltigen Donnerkiefer aufgespürt, umkreist er es in einer abgegrenzten Arena auf festen Wegen. Dann bewegt er sich nur noch nach links oder rechts, setzt zu seitlichen Ausweichsprüngen an oder klettert auf einen kleinen Aussichtsturm, um eine fette Balliste abzufeuern. Doch die meiste Zeit schießt er pausenlos auf die zähen Biester. Im Sekundentakt wird hinter den Rücken gegriffen, um Pfeile aus dem Inventar zu ziehen, den Bogen zu spannen und abzufeuern. Die relativ starke Zielhilfe erweist sich in der Hektik als gut ausbalanciert, so dass sich das Schießen sehr natürlich anfühlt. Alternativ stehen aus Fundstücken gefertigte Pfeile zur Verfügung. Darunter befinden sich zum Beispiel Schock- oder Feuerpfeile, die Gegner durch Statuseffekte nachhaltig schwächen. Eine kleine Bombenschleuder wird bei Attacken aus der Nähe nützlich; auch ihr Gummiband spannt man händisch.
In der Theorie ist das Erkennen und Absprengen von Schwachstellen ein geeignetes Konzept, um galoppierende und fliegende Giganten langsam auseinander zu pflücken. Sie decken den Spieler zum Beispiel mit Raketen ein und stürmen zwischendurch zum Nahangriff herbei. In der Praxis sind die Kämpfe jedoch deutlich zu einfach und monoton. Nur gelegentlich gibt es in der Arena kleine taktische Extras wie Ablenkungsmanöver. Vor allem mit Hilfe der schnell wieder aufgeladenen Zeitlupe ist es oft nur eine Frage der Zeit, bis der Gegner in einer effektvollen Explosion aufgeht. Wer möchte, kann die Bullet-Time übrigens auch abschalten. Allerdings darf der Spieler nicht einmal selbst zu Nahkampfattacken ansetzen. Erst gegen Ende des Spiels bieten die Kämpfe mehr Herausforderung und einen höheren Unterhaltungswert. Das umfangreichere Asgard’s Wrath zeigte mit seinen knackigen Schlagkombos, wie man Arenakämpfe in der virtuellen Realität deutlich spannender und freier umsetzen kann.
Für mich macht ein Racer in VR eigentlich nur Sinn, wenn man auch mit einem Lenkrad zockt. Und wenn man mit Lenkrad steuert, bietet sich ja fast zwingend nur eine Ansicht an, bei der ein solches dann auch virtuell dargestellt wird.
Alles andere ist in meinen Augen irgendwie kontraproduktiv.
Also mal als andere Perspektive: für mich wäre es als komplexes Open World Spiel raus gewesen. Ich will in VR eigentlich kurze, knackige Sachen. Mit Optimiertem erlebnis für Bewegung.
Klar Wiederspielwert & Preis sind ein Thema aber ich finde eine flache Technik Killer App besser als wäre es einfach ein mittelmäśig aufgeplustertes Open World in VR Spiel geworden. Also ich ziehe DAS zum Beispiel einem Forbidden West VR-Port vor. Den am Ende kaum einer kotzfrei spielen könnte.
Ja klar. Mit Beamen statt bewegen und Drehung im Viertrltakt in Standbildern ginge es dann. Bestimmt toll für fie dynamischen Kämpfe.
Also für mich gilt: lieber spielerisch eingeschränkte richtig gute Immersion als eine Freiheit für‘s Cover, die ich dann aber im Game aus körperlichen Grunden auf ein Stop Motion Video zusammenstauche.