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R.U.S.E. – Don’t believe what you see (Taktik & Strategie) – R.U.S.E. – Don’t believe what you see

Echtzeitstrategie? Langweilig! Der Zweite Weltkrieg? Oh nein, nicht schon wieder! Wer mit dieser verständlichen Skepsis einen Bogen um RUSE macht, wird ein ebenso cleveres wie kreatives Kriegsspiel verpassen. Ubisoft kann den platt gewalzten Schlachtfeldern tatsächlich eine neue Facette abgewinnen: Zum ersten Mal befehligt man seine Truppen mit Pokerspannung im Nacken und Brettspielflair vor Augen.

© Eugen Systems / Ubisoft

Links antäuschen, rechts einmarschieren

Ob meine List funktioniert? Ich habe mich für den „Scheinangriff“ entschieden: Meine Kolonne hölzerner Panzer macht sich auf den Weg zur linken Flanke der Amerikaner. Die sehen auf der Karte allerdings nur große, schwarzweißrote Pokerchips. Und selbst wenn ihr General näher an diesen Sektor heran zoomt, so dass aus den Chips auf dem Spieltisch langsam Polygoneinheiten in einer authentischen Landschaft werden, wird er zunächst fünf mächtige Stahlkolosse erkennen, die sich ihren Weg durch Wiesen und Felder walzen. Damit das Ganze noch bedrohlicher wirkt, schiebe ich noch ein paar kleine Chips, die leichte Einheiten symbolisieren, als Kanonenfutter hinterher. Der Köder ist ausgelegt, die Spannung steigt&

Er müsste doch anbeißen! Es sei denn, mein Kontrahent besinnt sich auf eine alte Weisheit von Miyamoto Musashi, die in der Ladephase erscheint:

„Man muss auch das wahrnehmen können, was man nicht sehen kann!“

Wäre der Amerikaner misstrauischer, könnte er sich meine Einheiten genauer ansehen, indem er mit der Spionage kontert. Es kann natürlich sein, dass er gerade keine List spielen kann, weil die Abkühlzeit noch nicht um ist – umso besser! Ich habe jedenfalls Glück und mein Bluff funktioniert, denn plötzlich zieht mein Feind zwei Drittel seiner kleinen und großen Chips von der rechten Flanke ab, um meinen potenziellen Angriff über links abzuwehren – das müssen seine Stuarts und Shermans, seine Wolverines und 76mm-Panzerabwehrgeschütze sein. Also all das, was mir gefährlich werden könnte!



Ungesehen in Feindesland

Als ich erkenne, wie sich die amerikanischen Truppen in Marsch setzen, aktiviere ich meine zweite List: Ich tarne meine Bewegungen auf der rechten Seite mit „Funkstille“, so dass sich mein Kampfverband aus Panthern, Tigern und Sturmgrenadieren unsichtbar dem Feind nähert. Und das kombiniere ich noch mit der List „Blitz“, die meine Marschgeschwindigkeit deutlich erhöht. Jetzt komme ich hoffentlich unbemerkt in sein militärisches Zentrum, wo ich seine neuen Waffenfabriken vermute, die in den letzten Minuten mächtige Artillerie produzieren konnten. Die hat er bisher sehr gut vor mir verborgen, indem er das „Tarnnetz“ als List nutzte, das vier Minuten lang alle Gebäude unsichtbar macht und so vor dem Beschuss meiner 150mm-Haubitzen bewahrte. Aber gleich wird sich das Blatt wenden&

Sind das wirklich die Gebäude oder habe ich mich zu früh gefreut? Es könnten auch Scheinfabriken sein! Das waren nur zwei der möglichen zehn Listen, die man in RUSE anwenden kann und die gerade im Multiplayer gegen einen menschlichen Kontrahenten für Pokerspannung abseits vom altbekannten Deathmatch sorgen. Am Ende gewinnt man ein Spiel im Multiplayer oder Gefecht auch auf Zeit: Wer hat nach 20 Minuten besser gekämpft und mehr Punkte auf dem Konto? Und da

Auf dem PC sieht R.U.S.E. am prächtigsten aus: Man kann von einem riesigen Spieltisch in das offene Terrain samt aller Einheiten zoomen.
geht es um den effizienten Einsatz der Truppen, die man nicht verheizen sollte – wer teure Gegner zerstört, verdient mehr. Auf dem PC geht es für bis zu acht, auf den Konsolen für bis zu vier Kontrahenten in privaten oder öffentlichen Online-Gefechten zur Sache. Der Host darf Kartentyp/größe, Szenario (1939, 1942, 1945) sowie Spielzeit bestimmen und spätestens wenn man in Ranglisten spielt, sollte man mit den Listen vertraut sein.

Es gibt vier Arten: Verbergen, Enthüllen, Imitieren und Verstärken. Man kann eigene Befehle, Gebäude oder Einheiten tarnen, man kann jene des Feindes aufdecken, man kann Scheineinheiten aufmarschieren, Scheingebäude bauen oder schwere als leichte Einheiten erscheinen lassen und schließlich kann man seine Truppen ganz praktisch schneller, widerstandsfähiger oder Furcht erregender machen. Wer z.B. den „Fanatismus“ in einem Kampf aktiviert, verhindert die automatische Flucht seiner Truppen. Außerdem kann man bis zu zwei Listen pro Sektor kombinieren, um sich z.B. sowohl die genauen Einheiten als auch deren Routen anzeigen zu lassen oder um seine Verbände sowohl aggressiver als auch schneller zu machen. Aber auch mit den Täuschungen hat es schnell ein Ende, wenn man nicht aufpasst: Sobald der Feind das eigene Hauptquartier erobert, ist zwar nicht der Krieg verloren, aber die Listen.              

  1. Endlich eine vernünftige Innovation im RTS-Genre. Die Täuschungstaktiken sind sehr interessant und erhöhen die taktischen Anteile des Spiels beträchtlich. Allerdings...der Hardwarehunger ist nicht ohne (und wer ein Strategiespiel auf Konsolen spielt, der hat ohnehin ein Problem ;) )
    Im Gegensatz zum (wenn auch sehr guten) Starcraft, dass bei Anfängern auf "Viele Einheiten farmen und dann damit den Gegner überrenn" hinausläuft.

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