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R.U.S.E. – Don’t believe what you see (Taktik & Strategie) – R.U.S.E. – Don’t believe what you see

Echtzeitstrategie? Langweilig! Der Zweite Weltkrieg? Oh nein, nicht schon wieder! Wer mit dieser verständlichen Skepsis einen Bogen um RUSE macht, wird ein ebenso cleveres wie kreatives Kriegsspiel verpassen. Ubisoft kann den platt gewalzten Schlachtfeldern tatsächlich eine neue Facette abgewinnen: Zum ersten Mal befehligt man seine Truppen mit Pokerspannung im Nacken und Brettspielflair vor Augen.

© Eugen Systems / Ubisoft

Kampagne im Zweiten Weltkrieg

Infanterie in Städten und Wäldern sorgt für Überfallangriffe mit dreifachem Schaden – ideal für Hinterhalte.

Dieser Krieg mit Brettspielflair und Pokerspannung macht sogar in der Kampagne Spaß, obwohl man vermutet, dass man dort auf all das zwischen Tunesien, Normandy und Stalingrad trifft, was schon so viele Spiele thematisiert haben – die alte Leier des Zweiten Weltkriegs. Aber in der Story geht es eher um militärische Intrigen und Persönlichkeiten als um das große Theater auf nationaler Ebene. Sprich: Es werden Charaktere aufgebaut, die Rechnungen offen haben und sich gegenseitig ausspielen – ganz so, als wäre das ein internationales Pokerturnier mit Soldateneinsatz.

Zwar ist die KI hin der Kampagne lange nicht so stark wie im normalen Gefecht, nutzt deutlich weniger Listen und man hat zumeist nur beschränkten Zugriff auf die militärischen Möglichkeiten der Alliierten – aber man lernt das Spiel von der Pike auf. Man wird sehr behutsam mit den Listen und Taktiken vertraut gemacht, während man einer alles andere als packenden, aber soliden Story rund um Spionage und Verrat folgt, in der prominente Akteure der Zeit von Canaris bis Rommel auftauchen. Und sowohl deren lebendige Mimik als auch die Sprachausgabe können in den zahlreichen Zwischensequenzen überzeugen. Alles dreht sich darum, wer wohl hinter dem Decknamen „Prometheus“ steckt, denn er scheint den Deutschen die exakten Positionen der Alliierten zu verraten, was zu verheerenden Verlusten führt.

Wer ist Prometheus?

In der Rolle des gebrannten Majors Joe Sheridan, der an einer „verratenen“ Schlacht teilnehmen musste, befehligt man auf Seiten der Alliierten zunächst kleine Truppenverbände, um mit der Spielmechanik vertraut zu werden. Trotzdem wird man bereits in große Schlachten in der Endphase des Krieges geworfen, die durchaus beeindrucken: Überall Qualm und Rauch im Gelände, dutzende Pokerchips auf allen Seiten, darunter rote, blaue und grüne – während Sheridan & Co noch am Spieltisch über die Taktik sinnieren, fährt die Kamera dann langsam runter in den kleinen Bereich, den er kontrollieren darf; sehr ansehnlich. Es geht schließlich über zwei Jahre von Tunesien über Italien und die Normandy zurück nach Deutschland zum finalen Showdown des Jahres 1945. Obwohl man die Charaktere recht gut inszeniert, ist diese Story in ihrer Entwicklung doch etwas zu schnell durchschaut.



Auf den ersten Blick gibt es im Feld nicht viel Neues zu lernen: Man kann gemischte Einheiten auf dem PC per Lasso oder jene gleichen Typs per Doppelklick markieren. Vor allem das Auswahlviereck per gedrückter Maustaste macht das Markieren gemischter oder weitläufig verteilter Verbände am Rechner wesentlich einfacher als auf den Konsolen. Hier wirkt alles intuitiver und präziser, obwohl man auf allen Systemen ein Problem mit der Auswahl einzelner Einheiten aus Stapeln hat, wenn man aus großer Distanz spielt: Hier hätte man das präzise Durchschalten, vielleicht über das Steuerkreuz oder das Mausrad ermöglichen sollen.

Auf PS3 und 360 muss man sich an die Steuerung zunächst gewöhnen, aber dann funktioniert sie bis auf eine Ausnahme ordentlich: Sichtbare Einheiten gleichen Typs kann man nicht über Doppeldruck aktivieren, sondern über einen Kreis, der sich nach Knopfdruck vom Zielpunkt ausweitet – so kann man zwar sechs dicht beieinander stehende leichte Panzer auswählen, aber eben nicht vier oder nur drei, denn es gibt kein Lasso zum Markieren. Gerade wenn es an einem Ort hitzig wird, weil Soldaten, Geschütze und Panzer aktiv sind, kann man mit dem Gamepad nur über mehrere Aktionen etwas Ruhe und Ordnung reinbringen. Trotzdem kann man mit etwas Geduld auch von der Couch aus seine Verbände kontrollieren, indem man frühzeitig Gruppen einteilt.

Schade ist, dass man die neue Move-Kontrolle für die PS3 hier nicht richtig ausnutzt: Wer Move aktiviert, kann zwar bequem hinein und rauszoomen, indem man den Leuchtcontroller nach vorne bzw. hinten zieht; außerdem kann man über ein einfaches Schütteln Menüs öffnen und schließen, was allerdings wesentlich anfälliger ist als der einfache Knopfdruck. Aber erstens reicht ein Move-Cotroller alleine nicht, man braucht auch den Analogstick eines zweiten Controllers, um z.B. die Karte zur Seite zu bewegen. Zweitens verzichtet man auf die Einbindung einer Lassomethode, obwohl Move doch dafür prädestiniert wäre: Einfach per Cursor ins Gelände zeigen, Knopf gedrückt halten und einen Auswahlkasten aufziehen! Unterm Strich spielt sich RUSE mit einem Gamepad besser und weniger verwirrend als mit Move. .

Zu wenig militärische Finessen

Man vermisst auf allen Plattformen eine variable Ausrichtung oder wenigstens wählbare Grundformation für jene Einheiten, die man von A nach B schickt – sie lassen sich zwar kontextsensitiv ausrichten, nehmen dann aber nicht immer eine optimale Position ein. Es gibt auch keine rudimentäten Verhaltensweisen wie defensiv, offensiv oder Ähnliches, so dass man des Öfteren beobachten muss, dass Einheiten am Zielort plötzlich noch einen Schlenker nach vorne machen, um den Feind zu attackieren. Hier wünscht man sich als General eine präzisere und vielfältigere Kontrolle der Verbände, aber unterm Strich funktioniert der automatische Beschuss ganz ordentlich – zumal man im Menü einstellen kann, ob Gebäude auch attackiert werden, sobald sie in Reichweite kommen.

Die Blitze zeigen an, dass die List mit dem Geschwindigkeitsboost gespielt wurde.

Etwas schade ist, dass die eigenen Truppen in der Kampagne nicht an Erfahrung gewinnen oder übertragbar sind. Manchmal werden die eigenen Verbände zum Start der nächsten Mission auch einfach angepasst, ohne auf die Zusammensetzung des Missionsendes zu achten. Und man fragt sich, warum man im Level aufsteigt, wenn man doch nichts Konkretes mit den Erfahrungspunkten kaufen kann? Hier hätte man schon früh in der Kampagne zusätzliche Spezialeinheiten oder Ähnliches als käufliche Belohnung anbieten sollen. So muss man diese erst in den Prototypen-Fabriken entwickeln, die man in der Kampagne erstmal gar nicht bauen kann.

Dafür stimmen die Inszenierung und das Missionsdesign: Schon während der Schlacht werden Hilfskräfte oder vorrückende Feinde in kleinen Einspielern über geteilte Bildschirme präsentiert. Außerdem sorgen die militärischen Aufgaben für Abwechslung: Es geht in den Missionen mal um die schnelle Eroberung bestimmter Ziele, mal um die geschickte Verteidigung im Mehrfrontenkrieg oder die gezielte Ausschaltung bestimmter Waffengattungen, um vorrücken zu können. Man muss seine Konvois schützen, den Feind enttarnen und abwehren oder eine Stellung auf Zeit halten. Wer nach der etwas zu leichten Kampagne echte Herausforderungen sucht, sollte sich im Multiplayer austoben oder den Operationen widmen. Das sind spezielle Kriegsschauplätze mit vorgegebenen Einheiten, die man auch kooperativ angehen kann.          

  1. Endlich eine vernünftige Innovation im RTS-Genre. Die Täuschungstaktiken sind sehr interessant und erhöhen die taktischen Anteile des Spiels beträchtlich. Allerdings...der Hardwarehunger ist nicht ohne (und wer ein Strategiespiel auf Konsolen spielt, der hat ohnehin ein Problem ;) )
    Im Gegensatz zum (wenn auch sehr guten) Starcraft, dass bei Anfängern auf "Viele Einheiten farmen und dann damit den Gegner überrenn" hinausläuft.

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