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System Shock (Rollenspiel) – Spannender Sci-Fi-Thriller mit spielerischen Schwächen

Vor rund 30 Jahren, genau genommen am 23. September 1994, erschien mit System Shock ein 3D-Action-Hit der besonderen Art. Er wagte den Versuch, ein narratives Rollenspiel mit Adventure-Elementen und einem Shooter-lastigen Gameplay zu verbinden. Dies gelang, auch aufgrund seiner für damalige Verhältnisse hohen technischen Qualität, hervorragend. Die komplexe, mit Wendungen gespickte Story, ein atmosphärisch düsteres Setting, die hohe Handlungsfreiheit – all das ebnete den Weg für immersive Spiele wie Deus Ex, Bioshock oder sogar Prey. Nachdem man mit der ersten Fassung des 2016 als Kickstarter-Projekt ins Leben gerufenen Unterfangens bei den Fans noch auf herbe Kritik stieß, wagen die Retro-Experten der Nightdive Studios rund um die Gebrüder Kick nun ihren zweiten Versuch, ganz nach dem Motto, mit dem Remake nichts verändern zu wollen, was Fans am Original so lieben. Ob dies gelingt und uns der Klassiker auch 2023 noch positiv schocken kann, oder das Spielprinzip nach fast 30 Jahren heute einfach nicht mehr zünden mag, verraten wir euch im Test.

© Looking Glass Studios / Night Dive Studios / Origin / Electronic Arts / Night Dive Studios

Zwischen biologischem Befall und bedrohlichem Bergbau-Laser

Nachdem ich mich im vermutlich gängig eingerichteten Zukunfts-Zimmer eines jungen Erwachsenen des Jahres 2072 ausgetobt habe, geht es aber an die Arbeit: Ich betätige eher zufällige den Laptop auf dem kleinen Schreibtisch, der Küche von Wohnzimmer trennt und versuche, mich in das System von TriOptimum beziehungsweise der militärischen Abteilung der Citadel Station einzuhacken und einen Download zu starten, ehe nur wenige Sekunden später eine Spezialeinheit des Großkonzerns in meiner Bude steht und mir ihre Red Dot-Visiere ins Gesicht hält.

 
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Mit meiner „direkten Art“ mache ich mir schon zu Beginn des Abenteuers nicht gerade Freunde bei der TriOptimum Corporation. © 4P/Screenshot

Entsprechend erzürnt reagiere ich mit einer eher anzüglichen Geste, die für mich eine Bekanntschaft mit dem Gewehrgriff, die mich ausknockt sowie eine direkte Verhaftung zur Folge hat. Als ich wieder zur Besinnung komme, finde ich mich nicht in meinen gemütlichen Gemächern, sondern einem pompös eingerichteten Büro der TriOp Corporation wieder. Hier treffe ich auch schon auf Edward Diego höchstpersönlich – nun ja, zumindest fast, denn er spricht zu mir über ein holografisches Abbild seiner selbst, das mir einen unschlagbaren Deal unterbreitet: Ich soll die für die Citadel Station verantwortliche KI SHODAN etwas „modifizieren“, denn in letzter Zeit sind ihre ethischen Beschränkungen zu einem zunehmenden Problem geworden. Andernfalls werde ich die Raumstation nicht in einem sicheren Shuttle verlassen. Als Belohnung spendiert man mir aber sogar das Implantat, auf welches ich bei meiner vorherigen Recherche so scharf war – gratis eingesetzt und das immerhin von den besten Ärzten, die der Konzern zu bieten hat.
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Mein erster Kontakt mit der krankhaften KI SHODAN. © 4P/Screenshot


Ohne langes Zögern beginne ich mit dem Hack und wie ich fertig bin, kommt
 der zwielichtige Konzern-Chef auch schon mit dem nächsten unfreiwilligen „Angebot“ um die Ecke, für welches mir die umstehenden Sicherheitskräfte etwas in den Arm injizieren, das mich tief und fest schlafen lässt. Nach Monaten des komatösen Zustands erwache ich in der farbenfrohen, aber gefühlt kalten Krankenstation der neurochirurgischen Abteilung der Citadel Station, die ich noch ganz benebelt zu erkunden wage. Zum ersten Mal wird der Blick auf das entschlackte HUD in Form einer leeren Aktionsleiste, einer Lebens- und Energieanzeige sowie meinem Inventar freigegeben. In den Schränken finde ich ein Medi-Pack, welches ich per Rechtsklick auflese und mir mit der linken Maustaste direkt mal genehmige. Vom Loot-Instinkt angetrieben, schnappe ich mir sämtliche Inhalte des Schranks und breche auf, die Station zu erkunden.

Schon beim Verlassen des Krankenzimmers stoße ich dabei auf ersten Widerstand – nicht etwa in Form korrumpierter KI-Kontrahenten, sondern einer Tür, für deren Öffnung ich zunächst eine Sicherheitskarte benötige. Diese finde ich direkt hinter einer weiteren Tür und ganz nebenbei verleibe ich mir noch das beiliegende Funkgerät-Implantat ein. Über jenes meldet sich binnen Sekunden Rebecca Lensing, eine Beraterin der Terrorbekämpfungseinheit des Konzerns. Spürbar erleichtert, jemanden erreicht zu haben, erklärt mir Rebecca, eine biologische Verseuchung der Station würde unaufhaltbar voranschreiten. Zu SHODAN – die sich jeglicher menschlicher Moralvorstellungen losgeeist hat – sei keine Verbindung möglich und der riesige Bergbau-Laser der Citadel sei bereits bedrohlich präzise auf die Erde gerichtet und würde geladen werden. Viel mehr sei an dieser Stelle der Spannung zuliebe aber nicht verraten, denn in der Story liegt nach wie vor die wohl größte Stärke von System Shock…

Simpler Shooter mit KI-Einheitsbrei


Bewaffnet mit einer Eisenstange, die ich in den hackenden Händen meines Helden halte, von dem ich im Übrigen auch nicht viel mehr zu sehen bekomme, mache ich mich also auf, die Cyber-Schrecken der Citadel Station näher zu ergründen. Die WASD-Steuerung meines Charakters fühlt sich dabei, trotz Modernisierung, etwas behäbig an, allerdings auch nicht annährend so starr wie das Kasten-Movement eines alten Resident Evil-Teils. Intuitiv und ohne, dass es einer ausführlichen Erklärung bedarf, springe ich mit der Space-Taste über Hindernisse und ducke mich mit STRG unter ihnen hindurch.

Während der Rechtsklick für Interaktionen mit der Umgebung steht, führe ich mit der linken Maustaste ganz im Stil nahezu jeden Shooters meinen Angriff aus. Halte ich die linke Maustaste gedrückt, lädt sich dabei ein besonders starker Hieb mit meiner Eisenstange auf. Per Scrollrad oder den Zahlen auf meiner Tastatur wechsle ich in meinem Arsenal, bestehend aus (Laser-)Pistolen, Shotguns, Sturmgewehren, Granaten oder der anfänglichen Eisenstange sowie den überlebenswichtigen Medi-Packs hin und her. Gefundene Verbesserungen werden direkt im Körper implantiert und lassen sich im Spielverlauf unkompliziert einsetzen – andere Gegenstände wandern, auch beim Plündern von besiegten Gegenspielern, per Klick in das recht begrenzte Tetris-Inventar.
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Ein Blick auf das Tetris-Inventar von System Shock, welches mich zu einem wahren Logstik-Ass mutieren lässt. © 4P/Screenshot
 Über die Tab-Taste lässt sich dieses jederzeit öffnen, wobei ich mit den Reitern auch auf die Karte, andere nicht verbrauchbare Gegenstände sowie informative Medien wie E-Mails und Memos zugreifen kann. Hierbei offenbart sich allerdings eine vermeintliche Schwäche von System Shock, denn anfangs kann die riesige Fülle an gefundenen Items schnell überfordern. Während ich mir bei Munition und Lebenspunkte- oder Energie-füllenden Gegenständen sicher bin, dass ich sie brauche, ist dies bei leeren Chips-Tüten oder Ampullen nicht unbedingt der Fall. Glücklicherweise lässt sich gefundener Müll im Handumdrehen zu Schrott verarbeiten, womit wir gleichzeitig eine später eintauschbare Ressource sammeln. Dennoch: Der begrenzte Inventarplatz und das Verhältnis von nützlichen und unbrauchbaren Funden verstärkt das beklemmende Gefühl, permanent wenig Luft zum Atmen zu haben, was das Feeling eines Survival Horror-Trips noch einmal verstärkt. Abhilfe schafft hier der nützliche Lastenaufzug, in dem ich all meinen Krempel, der nicht ins Inventar passt, aufbewahren kann.

Die vermöbelten Gegner, die sich aus aggressiv-umprogrammierten Robotern, genetisch manipulierten Mutanten und anderen Bestien zusammensetzen, lassen sich ganz im Stil moderner Spiele looten. Ihr öffnet beide Inventare parallel und zieht die gewünschten Gegenstände einzeln in eures herüber, oder nehmt mit der F-Taste gleich alles auf einmal. Auch, wenn ich bei den an für sich spaßigen Kämpfen einen Anflug von Adrenalin verspüre, liegt hier eine weitere Schwäche des System Shock Remakes. Denn: Trotz etwas Abwechslung bei den eher generischen Gegnertypen gleichen diese ihrem Schlag, als wären sie selbst in Sekundenschnelle und als Massenware von einem KI-Tool zusammengeschustert worden. 
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Die eher stumpfsinnigen Robo-Rüpel stellen selten eine echte Bedrohung dar. © 4P/Screenshot
Auch der eigentliche Kampf selbst fühlt sich eher altbacken an, denn trotz moderner Steuerung und Spannung aufgrund begrenzter Ressourcen bietet das Gameplay hier wenig Nuancen. Ich suche Deckung hinter Ecken und Umgebungselementen, blicke dabei geschwind um die Ecke, um ein paar Schüsse gegen die eher weniger intelligenten Widersacher abzufeuern. Gelingt mir dies nicht oder wird es doch einmal brenzlich, verschwinde ich hinter der nächsten Tür – ohne dabei auf all zu viel Gegenwehr zu stoßen – und schüttle die leicht zu verwirrenden Gegner einfach ab.
 

Etwas abwechslungsreiche Abhilfe schafft hier aber auch jeder Ausflug in den Cyberspace, in den ich mich an verschiedenen Stellen des Spiels einhacke. Hier surfe ich durch eine kunterbunte, virtuelle Welt aus Röhren, Artefakten und Objekten, auf die es im Vorbeirauschen zu schießen gilt. Auch die teilweise Hirn zermarternden Rätsel gestalten sich als erfrischend, lassen sich über die Minispiele doch Stromnetze und Schaltkreise zu meinem Vorteil manipulieren. Wer sich bei einem Shooter-lastigen Titel allerdings lieber den Kopf von Patronen statt von Puzzles weichklopfen lassen will, der kann den Schwierigkeitsgrad für jene nach Belieben nach unten regulieren.

Der coole Cyberspace sorgt für Abwechslung in den Level-Labyrinthen.
  1. Ich hatte Amiga 500, Master System, Mega Drive, Gamecube, Xbox, Xbox One und PC. Jede Mutter hat schöne Töchter, also warum sich auf ewig nur an eine binden? Diversität ist Trumpf! :D

  2. Grunz Grunz hat geschrieben: 04.06.2023 13:08 Wer 1994 auf einer Konsole spielen mußte, wurde eigentlich eher von Leuten bemitleidet, die auf richtiger Hardware Doom 2, Wing Commander 3 oder UFO: Enemy Unknown spielten.
    ohje, da ist wohl einer nach all den Jahren noch immer in der Zeit gefangen geblieben, als einige krampfhaft auf dem Schulhof "ihr" System verteidigen mussten. 1994 war ich 17, Mitleid hatte ich keins bekommen. Hatte aber auch das Glück gehabt, Leute in meinem engen Freundeskreis zu haben, die schon damals reif genug waren, um einfach nur Spaß an Videospielen zu haben, egal auf Konsolen, PC oder sonstwo.

  3. Grunz Grunz hat geschrieben: 06.06.2023 16:49
    Levi  hat geschrieben: 06.06.2023 07:21 Du bist wirklich nicht fähig einfach mal einzugestehen, wenn du Mist erzählst, oder?
    Junge, daß du nicht wahrhaben willst, daß Konsolen zu der Zeit, zu der System Shock herauskam, gegenüber dem PC als Kinderzimmerbespaßung galten, ist dein Problem. Es ist mir auch völlig gleichgültig, ob du dich deswegen aufregst, und warum ;-)
    Was sich dann nach zwei Monaten nach dem Release der Playstation wieder änderte oder was? Ich hatte 1994 noch nen Genesis hier stehen, aber der war wegen des PCs quasi obsolet geworden.

  4. Grunz Grunz hat geschrieben: 06.06.2023 16:49
    Levi  hat geschrieben: 06.06.2023 07:21 Du bist wirklich nicht fähig einfach mal einzugestehen, wenn du Mist erzählst, oder?
    Junge, daß du nicht wahrhaben willst, daß Konsolen zu der Zeit, zu der System Shock herauskam, gegenüber dem PC als Kinderzimmerbespaßung galten, ist dein Problem. Es ist mir auch völlig gleichgültig, ob du dich deswegen aufregst, und warum ;-)
    Junge... Cool.
    Was ich wahrhaben möchte oder nicht ist völlig egal. Fakt ist: Konsolen waren mainstream, genauso wie es in Deutschland PC Spiele damals waren...
    Konsolen sogar etwas mehr.
    Es gibt nur Leute, die eben irgendwo in ihrer Teenager Zeit stecken geblieben sind und sich irgendwas beweisen möchten indem sie besonders... Mhh... Männlich grunzen.
    Junge... Was für ein Held. Werd erwachsen. Du bist fast 50. Der Platform Krieg ist vorbei.

  5. Also ist System Shock mit seinen damals 170.000 Stück verkauften Einheiten der Main Stream unter dem Main Stream?
    Super Mario World hat ja auch nur knapp über 20 Millionen Stück abgesetzt. Definiere Main Stream...

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