Auch die Bosskämpfe haben es in sich, denn die übergroßen, sehr ansehnlich animierten Feinde haben meist aus der Nähe und der Distanz schlagende Argumente oder attackieren aus der Luft, wobei sie ihre Taktik in klaren Phasen oder je nach Distanz des Spielers ändern. Schon das erste Duell gegen einen Mech mit Raketen ist eine große Herausforderung, weil seine Hiebe sofort töten können und seine projektilen Trefferzonen fast schon so unfair groß sind, dass man kaum Spielraum hat – hier muss man die korrekten Laufwege und Momente abwarten und viel Geduld mitbringen, denn The Surge bietet nur diesen einen knallharten Schwierigkeitsgrad. Danach hat man es mit einem wirbelnden Käfermech zu tun, dessen Beine man einzeln abschlagen kann, bevor er sich wie ein Feuerkreisel auf einen stürzt – hier braucht man viele Anläufe und stirbt viele Tode, um die Schwächen in den Phasen zu entdecken.
Wird man besiegt, bleibt das bis dahin gewonnene Altmetall, das als universelle Währung dient und sowohl für die Waffenaufwertung als auch den Ausftieg eingesetzt wird, vor Ort liegen – auch hier lässt die Soulsreihe grüßen. Allerdings gibt es ein paar feine Unterschiede, die teilweise schon in Lords of the Fallen griffen: Man hat z.B. nur eine bestimmte Zeit, seinen Todesort aufzusuchen, sonst ist das Altmetall futsch – diese Zeit kann man über besiegte Feinde auf dem Weg dorthin erhöhen. Und es gibt noch eine gute Idee: Je länger man mit viel Altmetall im Rucksack kämpft, desto höher fällt der Ertrag über einen stets steigenden Multiplikator aus – bis hin zu besserer Zufallsbeute und temporären Buffs.
All das forciert natürlich den offensiven und mutigen Spielstil. Genau das führt zu diesen nur allzu vertrauten tragischen bis frustrierenden Momenten, in denen man alles verlieren kann und sich sowie das Spiel schreiend verflucht. Ich bin mit etwas über 23000 Altmetall im Gepäck kurz vor einem Schalter im Gift verreckt, das ich nicht als solches erkannte – dabei flüsterte mir eine innere Stimme immer wieder zu: Geh zurück zur Medibay, Jörg! Aber diese Gier. Ich bin auch mal mitten in einem Finisher in ein Loch gefallen, denn Warren bewegt sich da je nach ausgeführter Attacke recht weit weg vom Fleck – auf Brücken verzichtete ich daraufhin auf spektakuläre Enthauptungen.
Industrieller Charme
Das Leveldesign ist trotz einiger düsterer Areale lange nicht so tückisch und visuell nicht so abwechslungsreich wie in der Soulsreihe: Irgendwann hatte ich mich an der technisch sauber inszenierten Spielwelt sattgesehen – man durchläuft Fertigungshallen, Recyclinghöfe, Kraftwerke, Forschungsbereiche, Haltestellen, Schienentunnel & Co. Die sind en detail durchaus ansehnlich gestaltet, es wabert und schimmert, man erkennt Kabel und Platinen, aber dieses futuristische Artdesign, das sich vor allem an Industrie und Produktionsanlagen orientiert, konnte auf Dauer keine große Anziehungskraft entfalten. Natürlich bedingt das Szenario einige dieser Beschränkungen, außerdem bieten die Designer schon einiges an Perspektiven und Architekturen an, aber nach dem Sieg über einen Boss fühlte sich das neue Areal hier zu schnell zu vertraut an.
Ärgerlich ist, dass der Held nicht (aus dem Stand) etwas springen oder ein wenig klettern kann, so dass es viele hüfthohe Hindernisse und trotz der Power seines Exoskeletts eine widersprüchliche Statik gibt – man ist immer auf Lifte angewiesen und muss lediglich in wenigen Situationen mal den Sprint plus Sprung einsetzen, um etwas Entferntes zu erreichen. Als Fremdkörper empfand ich auch, dass die Erkundung bestimmter Areale an den eigenen Level gebunden ist: Da steht vor einer Tür oder einem Terminal schon, dass ich sie erst ab Level 70 öffnen darf – arghs! Immerhin ist das eher die Ausnahme, denn auch für viele späte Bereiche braucht man plötzlich nur noch Level 10; zur Orientierung: ich war nach etwa zehn Stunden auf Level 40.
Wenn man bei Spielen überhaupt von Rücksetzverfahren sprechen wollte, würde man damit am ehesten noch das tatsächliche Zurücksetzen an einen früheren, bereits besuchten Ort in der Spielwelt bezeichnen (ohne daß man diesen Weg als Spieler selbst zurücklegen muß).
Mit anderen Worten: Keiner mag Klugscheißer. Vor allem solche, die das dann auch noch verkacken.
hab jetzt auch mal den dlc gespielt. im ng+ ist mir aufgefallen, dass an der bahnstation bei irina unten eine verschlossene tür ist. war die schon immer da? kann mich beim besten willen nicht dran erinnern die schonmal gesehen zu haben.
Hab "The Surge" eben durchgespielt und kann dem Test sowie den meisten Feedbck hier zustimmen. Es ist ein gutes Spiel, aber leider nicht perfekt.
Die sich wiederholenden Environments und gleich aussehenden labyrinthartigen Gängen haben mich auch etwas genervt, habe mir so oft eine Map (besonders auch fürs Backtracking) gewünscht, es war stellenweise sehr mühselig den richtigen Weg zu finden und ich hatte auch so einige 'Wo-muss-ich-jetzt-denn-hin' Momente.
Das Kampfsysstem, das Upgrade-System sowie das grundsätzliche Setting und die Atmosphäre haben aber Bock gemacht, hoffe da sie können da in Zukunft noch einen Drauf setzen.