16 Monate sind vergangen, seitdem Diablo 4 seine Tore öffnete und euch nach Sanktuario einlud, um zum vierten Mal die Horden der Hölle niederzumetzeln. Egal ob ihr damals nach Abschluss der Kampagne euer Mordwerkzeug zur Seite gelegt oder jede einzelne Saison mitgenommen habt: Mit der Veröffentlichung der ersten kostenpflichtigen Erweiterung Vessel of Hatred scheint es ab dem 8. Oktober endlich einen guten Grund zur Rückkehr zu geben.
Neben der neuen Klasse des Geistgeborenen warten dabei auch eine quasi neue Region, wiederkehrende Features aus Diablo 2 sowie die Fortsetzung des Hauptspiel-Epilogs auf euch. Wir konnten uns vorab in den düsteren Dschungel von Nahantu stürzen und klären im Test, ob es sich wirklich lohnt, Diablo 4 noch einmal anzuwerfen oder ob Vessel of Hatred hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Diablo 4: Vessel of Hatred – Oh Neyrelle, where art thou?
Das Ende der Kampagne von Diablo 4 endet mit einem fiesen Cliffhanger: Zwar triumphiert ihr in der Rolle des Wanderers über Antagonistin Lilith, doch eure Verbündete Neyrelle stiehlt sich mit dem im Seelenstein eingeschlossenen Herrn des Hasses Mephisto davon und lässt ihre einstigen Gefährten zurück. Über ihre genauen Beweggründe und ihr Ziel konnten Spieler*innen bislang nur spekulieren, doch Vessel of Hatred will nun Licht ins Dunkel bringen.
Und das gelingt dem Add-On auch – zumindest größtenteils: Neyrelles Reise nach Nahantu baut auf den Stärken des Hauptspiels auf und weiß mit einer spannenden Prämisse und einigen Twists zu fesseln. Inhaltlich möchte ich hier nichts verraten, aber hinter der Jagd auf Lilith muss sich Vessel of Hatred nicht verstecken – inklusive überaus beeindruckender Zwischensequenz zu Beginn. Einzig das Ende der unter zehn Stunden langen Story lässt mich ein bisschen ratlos zurück und fühlt sich bedauerlicherweise etwas unvollständig an.
Den Pfad im Dschungel nicht aus dem Blick verlieren
Spielerisch erwartet euch hier ebenfalls eine Fortsetzung der Hauptkampagne: Ihr werdet von A nach B geschickt, mal mit dem Auftrag, einen Gegenstand oder Segen zu besorgen, mal, um mit einem Gott zu beratschlagen oder eine geheiligte Stätte von den Wurzeln des Bösen zu befreien. Zwischendurch dürft ihr neue, sympathische Charaktere kennenlernen und erneut den gelungenen, auf Deutsch vertonten Gesprächen lauschen, dann geht es zurück zum Looten, Leveln und Dämonenmetzeln.
Trotz des Gameplay-Sogs entstehen hier ab und an die Durststrecken, die auch schon in der Story des Hauptspiels gelegentlich gelangweilt haben: Nicht jeder Schritt auf den Fersen des Bösen ist nun einmal gleich spannend oder bedeutsam. Die kürzere Dauer tut der Geschichte von Vessel of Hatred in diesem speziellen Fall sogar gut: Es gibt weniger Stationen, die sich nach Füllmaterial anfühlen und die von den wichtigen Wendungen ablenken.
Trotzdem macht der Dschungel von Nahantu in Sachen Open World-Struktur da weiter, wo der Rest von Estuar angefangen hat: Die Hauptquest lotst euch von einem Ort zum anderen und Schnellreise sowie Reittier werden wieder schnell zum Standardmanöver, um sich zwischen den hohen Bäumen und dem dichten Dickicht nicht die Füße wund zu laufen. Weil sich die Geschehnisse jetzt nur auf ein Gebiet konzentrieren, wirkt Vessel of Hatred aber zumindest fokussierter und weniger breit getreten als das Hauptspiel mit seinen fünf Regionen.
Sprint zu Beginn, Schritt für Schritt am Ende
Keine Panik, falls ihr die Kampagne noch nicht zu Ende gespielt oder gar nicht erst angefangen habt: Ihr müsst lediglich den kurzen Prolog mit einem beliebigen Charakter abschließen, dann könnt ihr die Hauptstory überspringen und direkt Vessel of Hatred genießen, ohne zuvor die mindestens 25 Stunden investieren zu müssen. Aufgrund der weiterführenden Geschichte empfehle ich euch in dem Fall aber mindestens online eine Zusammenfassung zu lesen.
Habt ihr die Story von Vessel of Hatred dann abgeschlossen, lotst euch die Hauptquest kurioserweise noch durch die Veteran*innen sicherlich bekannten Endgame-Mechaniken: Einmal durch die Höllenflut pflügen, Grausige Gaben für den Baum des Flüsterns sammeln und die Grube der Werkmeister bezwingen. Auch die Unterstadt von Kurast, der neue Dungeon mit integriertem Zeit-Limit, wird euch hier nähergebracht, wenn ihr nicht bereits vorher eine darum herum gestrickte Nebenquest abschließt.
Wer das alles kennt, kann es liegenlassen oder mitnehmen und sich über die schnell und leicht verdienten Erfahrungspunkte freuen. Für Neulinge eine gute Gelegenheit, sich mit den Features abseits der Kampagne vertraut zu machen und zu schauen, was das Lategame so zu bieten hat – für die meisten ohnehin der wichtigere Teil von Diablo 4, schließlich fängt die Lootspirale samt Paragon-Tafeln, Runenwörtern und nicht endend scheinenden Dungeons erst nach den Credits so richtig an zu brennen.