Mit den Grundlagen herumschlagen
Wenn ich nicht gerade den 80 Euro teuren Final Fantasy 16-Film schaue oder gemächlich durchs Versteck schlendere, tue ich das, was Clive am besten kann: Das Schwert ziehen und die Kreaturen und Bösewichte von Valisthea grün und blau schlagen. Schon im Marketing bewarb man ausführlich das „erste Echtzeit-Kampfsystem der Reihe“, nachdem der Vorgänger und das Remake vom siebten Teil sich noch auf einen Kompromiss zwischen Action und Menüführung einließen, um Fans der rundenbasierten Klassiker nicht vollends zu verschrecken. Entsprechend holte man dieses Mal Ryota Suzuki als Combat Director mit ins Boot, der schon bei Devil May Cry 5 seine Finger im Spiel hatte – und das merkt man.
Bevor es ans Eingemachte geht, sind erst einmal die Grundlagen angesagt, die mir in einem Trainingskampf während des eingangs erwähnten Flashbacks von Kommandant Murdoch beigebracht werden: Mein Arsenal setzt sich aus einem Nah- und einem Fernkampfangriff sowie einem Ausweichmanöver zusammen, wobei präzises Timing eine Konterattacke ermöglicht und sich Angriffe mit Schwert und Magie aneinanderreihen lassen. Abgerundet wird die Lehrstunde durch meinen Phönixsprung, den Clive dank der Macht der gleichnamigen Esper einsetzen kann, sowie den Heiltränken, mit denen ich meine Wunden heile.
Die abschließende Prüfung stellt mein Verständnis der Tutorials auf die Probe und führt die Willensleiste ein: Der gelbe Balken des Gegners leert sich durch kontinuierliche Angriffe, vollkommen erschöpft zeigt sich der Feind dann von seiner verletzlichen Seite und kassiert für kurze Zeit erhöhten Schaden. Die perfekte Gelegenheit meinen Esper-Spezialangriff einzusetzen und den Kommandanten von den Füßen zu fegen. Mein Triumph wird mit dem bekannten Final Fantasy Sieges-Jingle musikalisch belohnt, auch wenn passend zum Mittelalter-Setting ein paar inbrünstige Bässe dafür zuständig sind.
Während das Kampfsystem zu Beginn etwas rudimentär wirken mag, geht es schon mit den wenigen Optionen extrem gut von der Hand. Angriffe erfolgen unmittelbar, das Verketten von Schwertschlägen und Magiegeschossen sorgt dafür, dass ich nicht nur blindlings auf einen Knopf hämmere und das Ausweichen im perfekten Moment, um dann für einen Konter anzusetzen, ist nicht weniger befriedigend als in anderen Action-Titeln wie Bayonetta oder Devil May Cry. Um mich mehr als 65 Stunden lang zu unterhalten, bieten die Grundlagen zu wenig Tiefgang – doch glücklicherweise sind die Entwickler bereit, weitere Fähigkeiten einzuführen und Clive und ich lernfähig und -willig.
Ein Schlachtfeld voller Möglichkeiten
Über das Fertigkeiten-Menü kann ich, die verlangte Anzahl an Talentpunkten vorausgesetzt, mein Arsenal beispielsweise durch aufgeladene Nah- und Fernkampfangriffe sowie Hecht- und Sturzattacken erweitern oder mit der entsprechenden Fähigkeit Gegner als Trampolin benutzen, um länger in der Luft zu bleiben. Hier finde ich aber vor allem auch die Esper-Fertigkeiten: Während Clive nur mit dem Phönix-Segen beginnt, gesellen sich nach und nach die anderen Elemente hinzu, die die schicken, aber schlichten Schwertschläge mit ihrem Effektgewitter und den wuchtigen Vibrationen locker in den Schatten stellen. Die Bandbreite der Esper-Fähigkeiten unterscheidet sich aber nicht nur optisch, sondern eröffnet auch spielerisch verschiedene Möglichkeiten.
Mit den Windkrallen bearbeite ich effizient die Willensleiste eines kolossalen Widersachers, um ihn zum Taumeln zu bringen, während ich mit der Feuerramme über das Schlachtfeld düse und mehrere Gegner auf einmal umwälze. Bis zu sechs dieser Fähigkeiten kann ich ausrüsten, auch wenn immer nur zwei gleichzeitig angezeigt werden und ich zu den anderen per Knopfdruck wechseln müsst. Das mag zunächst umständlich wirken, ist aber reine Gewöhnungssache. Damit aufeinanderfolgende Attacken leichter von der Hand gehen, könnt ihr außerdem Angriffe von verschiedenen Esper auf denselben Reiter legen, wenn ihr die Fähigkeit im Menü mit genügend Talentpunkten gemeistert habt. Auch wenn Final Fantasy 16 nie die Komplexität von Bayonetta oder Devil May Cry erreicht, bietet die konstante Einführung neuer Fähigkeiten so eine stete Lernkurve und lädt zum Experimentieren ein.
Dass die Auseinandersetzungen mit giftigem Gemüse, grantigen Goblins oder rüstigen Rittern so viel Spaß machen, liegt auch an den hervorragend lesbaren Angriffen. Gerade in Bosskämpfen sind schnelle Sprünge und dicke Keulenschwinger immer gut zu erahnen, mein Gegenüber holt sichtbar aus oder geht in Offensivstellung. Trotzdem verlangt ein perfektes Ausweichmanöver präzises Timing, weshalb ich ein Gefühl für die Geschwindigkeit und den Radius der gegnerischen Angriffe entwickeln muss, um stylisch und in letzter Sekunde aus dem Weg zu hüpfen und den Gegner meinen eigenen Stahl schmecken zu lassen. Wem das noch nicht reicht, der hat auf dem D-Pad neben den Heiltränken noch ein weiteres Menü zur Hand, mit dem sich Wolf Torgal steuern lässt. Der treue Vierbeiner kann Gegner wahlweise attackieren, in die Luft werfen oder eure verlorenen Lebenspunkte ein wenig regenerieren, wobei sich seine Aktionen bei zeitigen Reaktionen mit meinen Angriffen kombinieren lassen.
Bei den meisten Auseinandersetzungen in Final Fantasy 16 bin ich nicht ins Schwitzen gekommen, einige Endgegner in der zweiten Hälfte bildeten die angenehme Ausnahme. Gerade die normalen Gegnerhorden sind mit flächendeckenden Esper-Fähigkeiten schnell Geschichte, Minibosse halten zum Glück mehr aus und geben dem gelungenen Kampfsystem die Chance, zu glänzen. Einen einstellbaren Schwierigkeitsgrad gibt es dabei nur auf dem Papier: Zwar habt ihr die Wahl zwischen Story- und Action-Fokus, der einzige Unterschied ist aber, dass einige Hilfsaccessoires im Story-Modus von Anfang an ausgerüstet sind, während ich sie im Action-Modus erst noch anlegen müsste – wenn ich sie denn nutzen will. Die insgesamt fünf Ringe nehmen mir bei Bedarf unter anderem das Heilen oder Ausweichen ab, erleichtern das Kombinieren von Angriffen oder steuern Torgal automatisch. Wer nach mehr Herausforderung sucht, muss erstmal die Story abschließen: Erst danach schaltet ihr den „Final Fantasy“-Schwierigkeitsmodus frei, der im New Game Plus mit stärkeren Gegnern aufwartet und den ich mir auch schon für den ersten Durchgang gewünscht hätte.
89 Bewertung nun ja, ich muss es nicht verstehen. Gamer die schlauchige Level, Entdeckung Null, Automatisierungen lieben, zusätzlich schhlechte Synchronstimmen von NPC's uns schlechte Lippensynchronisation .... also wer das liebt dem nehme ich diese Bewertung ab. Nur kenne ich niemand, aber da habe ich wahrscheinlich zu wenig recherchiert?
Ich gehöre nicht dazu und ich bedanke mich dafür, dass all diese Dinge nicht erwähnt worden sind.
Danke
@Pingu & @LeKwas
So ist es, ihr habt vollkommen recht
Da war ich auch verwundert, weil das nahezu keine Presse bekommen hat, aber zumindest bei Steam ziemlich gute Reviews.
Hab mich trotzdem noch nicht getraut. Sah mir einfach zu billig aus.
Das hat zwar einige Probleme, die Story und Dialoge reichen von albern bis trashig, und man merkt auch, dass deren Budget sicherlich nicht ansatzweise so hoch war wie das hier von FF16, aber das Kampfsystem dort ist meiner Meinung nach echt toll mit den zig verschiedenen Waffen und Klassen mit eigenen Skills, da gibt's auch kein solches Automatisierungs-Gedöns, keine ewig langen Cutscenes oder Quicktime-Sequenzen, man muss schon selber mit richtigem Timing in die Tasten hauen, kann Zauber vom Gegner abfangen und dann selber einsetzen usw. usf.
Ging 2022 quasi komplett unter, aber ist imho nen Blick wert. Dort am besten auch den Schwierigkeitsgrad von Beginn an direkt auf 'Schwer' stellen.