Weil die antropomorphen Figuren der Welt nur kurze, unverständliche Satzfetzen in verschiedenen Pseudosprachen daherbrabbeln, übernimmt ein Sprecher sämtliche Erzählungen und Dialoge. Zum einen kommentiert er das Geschehen, beim Herumreiten in der Welt, beim Handeln oder beim Finden von Beute – weniger gekünstelt als Zeus und Prometheus in Immortals. Zudem darf man im Menü einstellen, wie oft sich der Mann aus dem Off zu Wort meldet. Die selbe Stimme vertont aber auch alle Gespräche, das sieht in der Praxis so aus: Man beginnt ein Gespräch, zum Beispiel mit dem Otter-Mechaniker Glibbo. Dann hört man kurz die krächzenden Laute einer Fantasiesprache, doch gleich setzt der Erzähler ein und übersetzt das Gesagte. Und zwar in dieser merkwürdigen Weise: „Meint, du könntest für das Schicksal der Welt…“ oder „Findet, du sollltest nicht so oft…“ Sprich mit einem vorgelagerten Verb in dritter Person und dann der eigentlichen Aussage. Das ist auf Dauer sehr speziell und ermüdend. Ich musste mich nach zehn, zwanzig Stunden geradezu zwingen, die Dialoge nicht wegzudrücken. Zudem geht die generelle Audio-Abwechslung, für die verschiedene Sprecher automatisch sorgen, flöten. Ein weiterer Punkt ist die Art der Sprache: Die Texte sind zwar weitgehend in fehlerfreiem Deutsch, enthalten aber viele eigene Wortschöpfungen, die ein wenig wie Kindersprache wirken. Ziegen sind Zniegen, eine Waffe vielleicht ein Kaputt-Mach-Dingens. Ein Klo, von dem in einem der Aufträge die Rede ist, „spült das Braune und das Gelbe weg“, Gegner heißen Pummelschnauber, Buh-Weps oder Robuster Blechdoser. All das geschieht wahlweise in tollem Englisch, einer guten deutschen Synchro oder mehreren anderen Sprachen.
Alle drei Eigenheiten (Erzähler spricht alle Figuren, Dritte-Person-Form, kindliche Wortschöpfungen) finde ich recht speziell – könnte aber damit leben. Problematischer als die gewählte Präsentation sind jedoch noch die Inhalte, also der Gehalt der Gespräche. Denn leider sind die allermeisten Dialoge schlicht Schrott, eine Aneinanderreihung von Kalendersprüchen – eine hohle Phrase mit vermeintlichen Lebensweisheiten jagt die nächste. Selten war es mir in einem Spiel mit so viel Text letztlich so egal, was die Figuren zu sagen haben. Wichtige Story-Charaktere labern mich immer wieder auf diesselben drei Themen an, kleinere NPCs drehen sich nicht einmal um, während sie Nebenquests verteilen.
Große (und kleine) Aufgaben
Biomutant schickt den Spieler nach einem sehr fragmentierten, schwach inszenierten Anfang voller Rückblenden und Tutorials in eine frei begehbare offene Spielwelt. Zwar gibt es Bereiche, die schlecht ausgerüstete Neulinge durch Hitze, Radioaktivität oder Kälte binnen einer Minute killen, doch prinzipiell ist die gesamte Landschaft mit ihren Ebenen, Flüssen, Bergen, Wäldern & Co. zugänglich. In puncto Größe kann das zu bereisende Land mit keinem der eingangs erwähnten Vorbilder mithalten, doch das ist überhaupt nicht schlimm. Es gibt trotzdem genügend Platz, ausreichend Gegner, völlig verschiedene Lebensräume und eine Vielzahl von Quests. Kleinere Aufträge findet man vor allem in Dörfern und Außenposten zuhauf: Manches hört sich interessant an, doch das Gros entpuppt sich als ermüdende Suchaufträge ohne Story-Gehalt. Suche drei Orte mit Hanteln zum Trainieren. Und fünf Telefonzellen. Und drei Klos. Und fünf Plattenspieler. Und fünf Globen. Und diese Musikinstrumente. Und die Waschmaschinen. Mal stößt man auch ohne einen Auftrag auf eines dieser Objekte – und bekommt dann die passende Quests immerhin gleich zugeteilt. An mancher Stelle ist Biomutant recht sparsam mit Hilfen: Das kann nerven, weil einem z.B. zu keiner Zeit mitgeteilt wird, was nötig ist, um Reittiere in der Pampa zu zähmen. An anderer Stelle motiviert es, weil der Questmarker zwar das Ziel anzeigt, das Finden des Weges dorthin aber eine interessante Herausforderung darstellt.
Also ich hab ja viel Spaß damit. Viele haben schon Recht. Das Ding hat Macken und man muss es auch nicht besser machen, als es ist, aber eben auch nicht schlechter. Ich denke je nachdem wie man seine Schwerpunkte setzt bzw. wie schwer manche Kritikpunkte vom einzelnen Spieler gewichtet werden, kann das hier auch (theoretisch) in den Bereich 70% - 75% gehen.
Ich hab bspw. überhaupt kein Problem mit dem Schwierigkeitsgrad und freue mich ehrlich gesagt sogar, da es mir ermöglicht in einen Flow zu kommen. Ich kann aber verstehen, wenn es einigen zu leicht ist. Genauso kann ich auch verstehen, wenn vielen einige Gebiete zu dröge und leer sind. Ich erfreu mich aber an dem schönen Design, dem "neuen" Setting und der Überschaubarkeit der Open World. Wie ihr seht, ist die Frage, was erwarte ich glaub ich ganz essentiell. Das macht den Test nicht falsch (er spricht nämlich durchaus valide Punkte an), den der bspw. Maniac aber auch nicht unbedingt (auch wenn ich 88% ein bisschen viel finde).
https://www.thegamer.com/biomutant-laun ... yer-count/
Bei Elex waren es in den Wochen nach Release ca. 100.000 Käufer auf Steam:
https://www.pcgames.de/Elex-Spiel-55815 ... g-1241969/
Microsoft listet Biomutant derzeit auch unter den Most Played Xbox Games auf, hinter Dead by Daylight (das gerade im Gamepass ist) aber vor Resident Evil VIII:
https://www.microsoft.com/de-de/store/m ... games/xbox
Ich spekulier mal in den Raum hinein, aber alle Plattformen zusammengenommen könnte Biomutant derzeit bei Pi mal Daumen ungefähr ner halben Million liegen, denk ich?
/edit: SteamSpy schätzt auf 500.000 - 1.000.000 Käufer auf Steam:
https://steamspy.com/app/597820
Es ist so amüsant, wie mittlerweile hier und auch andernorts jeder Test auf die Goldwaage gelegt wird, weil manche Leser*innen offenbar der Auffassung sind, dass ein solcher als allgemeingültiges Testament zu interpretieren ist. Dementsprechend eklig sind mittlerweile auch die Foren, die sich immer stärker dem niedrigen Facebook-Niveau anpassen, mit haltlosen Unterstellungen, Gepöbel und allem Pipapo der sozial-medialen Geschmacklosigkeit. Kommt mal wieder runter, bitte, ein Test bleibt auch weiterhin eine subjektive Einschätzung eines Einzelnen. Da wurde nichts neu erfunden.
Achja, es freut mich sehr, dass manch einem von euch das Spiel gefällt. Prima! Manchmal sollte man bei aller Kritik am Redakteur und seiner Meinung allerdings nicht vergessen, dass es auch sein könnte, dass man ein Spiel besser findet als es tatsächlich ist - oder zumindest: als es für viele andere ist -, weil man Geld dafür ausgegeben hat und dieser Vorgang ja nicht für die Katz gewesen sein soll.
Über die Art und Weise der Erzählung kann man sicherlich streiten. Die finde ich persönlich ebenfalls anstrengend. Auch die Begriffe (Funkenbrutzler, Tuck Tuck, Mamu, Papu usw.) nerven mich. Aber das Gameplay ist in der Tat gar nicht schlecht und macht richtig viel Spaß, obwohl es ebenfalls nicht perfekt ist.
Matthias hatte ja ein Problem damit, ein Reittier zu zähmen, was ich im Nachhinein überhaupt nicht verstehe, da eine entsprechende Tutorial Quest das System erklärt.
Bisher würde ich das Spiel im befriedigenden Bereich sehen.
Mir macht das Spiel bis jetzt Spaß. Endlich mal ein frisches Setting. Ich denke mit dem kommenden Patch wird auch der Sprecher weniger Relevant. Nu denn, ich geh mal das Jumboknäul besiegen.