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Biomutant (Action-Adventure) – Große Ambitionen, kleiner Spielspaß

Großes Interesse verlangt nach einem großen Test: Der Action-Adventure-Newcomer Biomutant war bei euch in den letzten Wochen sehr gefragt – wir sind deshalb für viele Stunden in die animalische Postapokalypse abgetaucht. Im Test klären wir, ob der Titel in die Spielspaß-Sphären von Zelda: Breath of the Wild, Horizon: Zero Dawn oder Immortals: Fenyx Rising vordringen kann.

© Experiment 101 / THQ Nordic

Konzert der Großen

 

Biomutant scheint wie gemacht für mich: In den letzten Jahren hab ich mich immer mehr in diese riesigen offenen Welten mit viel Erkundung und Kampf verliebt. Breath of the Wild, Horizon: Zero Dawn, Assassin’s Creed: Origins bis Valhalla, Immortals: Fenyx Rising – alle habe ich weit über 100 Stunden gespielt und sogar die Erweiterungen verschlungen. Dazu gesellen sich in Biomutant schrullige animalische Figuren (Hallo, Conker!), eine große Prise Kung-Fu-Fabel (wer erinnert sich an Legend of Kay?), etwas Blechkübel- und Schrott-Liebe (wie in ReCore) sowie der Versuch, eine Geschichte rund um das Thema Umweltzerstörung zu erzählen. Entwickelt wurde Biomutant vom 2015 installierten und 2017 von THQ Nordic gekauften Spielestudio Experiment 101 aus Schweden. Mitgründer Stefan Ljungquist arbeitete zuvor bei Avalanche an u.a. Mad Max und der Just-Cause-Reihe. Unser News-Verlauf gibt ein ganz gutes Bild davon ab, wie mitteilungsfreudig die Macher während der mehr als vierjährigen Enwicklungszeit waren: Sechs Monate nach der Ankündigung im August 2017 gab es einen Trailer, im August 2018 folgte die Release-Verschiebung auf 2019 und ein weiterer Trailer kam kurz vor Weihnachten. 2019 hielt THQ Nordic das Interesse am Titel durch die Ankündigung zweier dicker Special Editions am Leben – erst im Februar 2020 gab es wieder ein ernsthaftes Lebenszeichen und das Eingeständnis, dass die Entwicklung deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich gedacht. Nach einem ausführlichen Spielszenen-Video im Juni 2020 dauerte es aber wieder ein halbes Jahr, bis es endlich spannend und konkret wurde. Zehn Nachrichten aus dem Jahr 2021 sprechen eine deutliche Sprache: neue Spielszenen-Videos, ein konkreter Release-Termin, Entwickler-Aussagen zu Crunch, frischer Trailer, ein von uns geführtes Interview…

 

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Schöner Einstieg: Im hochwertig wirkenden Charakter-Editor bastelt man sich seinen felligen Helden. © 4P/Screenshot

Ob man an dieser Chronologie eine qualitative Bewertung des Projekts ablesen kann, weiß ich tatsächlich nicht. Tat es dem Spiel gut, dass die Macher so lange Zeit daran arbeiten konnten, ohne der Öffentlichkeit ständig Bericht erstatten zu müssen? Oder haben sie sich daran verhoben? Konnten oder wollten sie so wenig zeigen, weil das noch unfertige Spiel den Vorschusslorbeeren nach der ersten Ankündigung nicht gerecht wurde? Zugegenermaßen: Ein Spiel mit den Ausmaßen von Biomutant – zum Thema „Erweiterung des Umfangs“ empfehle ich unser Interview – mit nur rund 20 Leuten zu stemmen, das ist eine gewaltige Herausforderung. Leider eine, wie ein Blick auf die Wertung am Ende dieses Tests verrät, an der Entwickler Experiment 101 letztlich gescheitert ist. Woran das im Großen und im Kleinen liegt, welche Dinge aber auch gut funktionieren, das möchte ich im Folgenden erläutern…

 

Große Geschichte mit Hindernissen

 

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Interessante Aussicht: Wie auch in Zelda: BotW oder Immortals: Fenyx Rising bietet Biomutant spannende Ausblicke – da möchte man gleich die Welt erkunden. © 4P/Screenshot

Biomutant erzählt seine Geschichte auf mehreren Ebenen: Da ist zum einen das Schicksal der gesamten Welt, die durch die Machenschaften des üblen Toxanol-Konzerns von einer Bio-, Nuklear- und Klimakatastrophe heimgesucht wurde. Das wäre, auch im Angesicht der Klimaerwärmung auf

 unserer Erde, eigentlich ein hehres Unterfangen – nur leider kommt Biomutant bei dem Thema nie über den Klappentext-Gehalt eines Was-ist-Was-Buchs hinaus. Der Erzähler verzettelt sich in moralinsauren Plattitüden, gleichzeitig bleibt es bei vagen Andeutungen zum Zustand der Welt sowie dem eventuellen Ausweg, mit einer Arche von selbiger zu fliehen – auch dieses spannende Thema wird letztlich nur gestreift. Eine zweite Erzählebene behandelt das konkrete Schicksal meiner Spielfigur: Vordergründig geht es um ein traumatisches Ereignis in der Kindheit, um Rache für den Tod der Mutter und die Auseinandersetzung mit dem Monster Lupa-Lupin (die furchtbar uninspiriert endet). Die Reifung der Figur zum herbeigesehnten Retter, von dem in allen Ecken der Spielwelt gesprochen wird, geschieht jedoch viel zu rasch. Eine Beziehung zur Welt und den Bewohnern wird kaum aufgebaut, das Streiten für die gute Sache wird zwar proklamiert, aber nie gelebt und positive Auswirkungen meiner Taten sind nicht ersichtlich. Dazu gehört auch das Verbünden mit einem von mehreren Stämmen und das Bekämpfen der jeweils anderen. Man wird zwar von fast jedem wichtigen Story-Charakter im Spielverlauf darauf angesprochen – eine Entwicklung findet jedoch auch hier nicht statt.

  1. Also ich hab ja viel Spaß damit. Viele haben schon Recht. Das Ding hat Macken und man muss es auch nicht besser machen, als es ist, aber eben auch nicht schlechter. Ich denke je nachdem wie man seine Schwerpunkte setzt bzw. wie schwer manche Kritikpunkte vom einzelnen Spieler gewichtet werden, kann das hier auch (theoretisch) in den Bereich 70% - 75% gehen.
    Ich hab bspw. überhaupt kein Problem mit dem Schwierigkeitsgrad und freue mich ehrlich gesagt sogar, da es mir ermöglicht in einen Flow zu kommen. Ich kann aber verstehen, wenn es einigen zu leicht ist. Genauso kann ich auch verstehen, wenn vielen einige Gebiete zu dröge und leer sind. Ich erfreu mich aber an dem schönen Design, dem "neuen" Setting und der Überschaubarkeit der Open World. Wie ihr seht, ist die Frage, was erwarte ich glaub ich ganz essentiell. Das macht den Test nicht falsch (er spricht nämlich durchaus valide Punkte an), den der bspw. Maniac aber auch nicht unbedingt (auch wenn ich 88% ein bisschen viel finde).

  2. TheoFleury hat geschrieben: 29.05.2021 08:34Gibt es eigentlich schon zahlen ob es sich halbwegs gut verkauft hat?
    Keine Ahnung über die genauen Verkaufszahlen, aber von allen bisherigen Spielen von NuTHQ / Nordic Games hatte es mit ca. 55.000 die höchte Spielerzahl auf Steam (23.000 waren es damals bei Elex):
    https://www.thegamer.com/biomutant-laun ... yer-count/
    Bei Elex waren es in den Wochen nach Release ca. 100.000 Käufer auf Steam:
    https://www.pcgames.de/Elex-Spiel-55815 ... g-1241969/
    Microsoft listet Biomutant derzeit auch unter den Most Played Xbox Games auf, hinter Dead by Daylight (das gerade im Gamepass ist) aber vor Resident Evil VIII:
    https://www.microsoft.com/de-de/store/m ... games/xbox
    Ich spekulier mal in den Raum hinein, aber alle Plattformen zusammengenommen könnte Biomutant derzeit bei Pi mal Daumen ungefähr ner halben Million liegen, denk ich?
    /edit: SteamSpy schätzt auf 500.000 - 1.000.000 Käufer auf Steam:
    https://steamspy.com/app/597820

  3. Es ist so amüsant, wie mittlerweile hier und auch andernorts jeder Test auf die Goldwaage gelegt wird, weil manche Leser*innen offenbar der Auffassung sind, dass ein solcher als allgemeingültiges Testament zu interpretieren ist. Dementsprechend eklig sind mittlerweile auch die Foren, die sich immer stärker dem niedrigen Facebook-Niveau anpassen, mit haltlosen Unterstellungen, Gepöbel und allem Pipapo der sozial-medialen Geschmacklosigkeit. Kommt mal wieder runter, bitte, ein Test bleibt auch weiterhin eine subjektive Einschätzung eines Einzelnen. Da wurde nichts neu erfunden.
    Achja, es freut mich sehr, dass manch einem von euch das Spiel gefällt. Prima! Manchmal sollte man bei aller Kritik am Redakteur und seiner Meinung allerdings nicht vergessen, dass es auch sein könnte, dass man ein Spiel besser findet als es tatsächlich ist - oder zumindest: als es für viele andere ist -, weil man Geld dafür ausgegeben hat und dieser Vorgang ja nicht für die Katz gewesen sein soll.

  4. Lord Morrow hat geschrieben: 27.05.2021 22:47 Viele der "Spezialisten" der Fachpresse haben das Game halt eher für das neue The Witcher 3 oder AC gehalten, weil es ein Open World Game ist, sind also mit völlig falschen Vorstellungen an das Game rangegangen! THQ hat immer betont, dass es sich um ein kleines Team handelt und gerade um kein AAA Spiel. ...
    Nachdem ich es selbst schon einige Stunden gespielt habe, bin ich auch eher überrascht wie gut das Gameplay funktioniert.
    Über die Art und Weise der Erzählung kann man sicherlich streiten. Die finde ich persönlich ebenfalls anstrengend. Auch die Begriffe (Funkenbrutzler, Tuck Tuck, Mamu, Papu usw.) nerven mich. Aber das Gameplay ist in der Tat gar nicht schlecht und macht richtig viel Spaß, obwohl es ebenfalls nicht perfekt ist.
    Matthias hatte ja ein Problem damit, ein Reittier zu zähmen, was ich im Nachhinein überhaupt nicht verstehe, da eine entsprechende Tutorial Quest das System erklärt.
    Bisher würde ich das Spiel im befriedigenden Bereich sehen.

  5. Mir macht das Spiel bis jetzt Spaß. Endlich mal ein frisches Setting. Ich denke mit dem kommenden Patch wird auch der Sprecher weniger Relevant. Nu denn, ich geh mal das Jumboknäul besiegen.

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