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The Witcher 3: Wild Hunt im Test – Krönender Abschluss der Hexersaga?

Knapp drei Jahre haben Rollenspieler auf The Witcher 3: Wild Hunt gewartet. Die Saga um den Hexer Geralt hat das Genre nicht nur aufgrund des literarischen Helden aus der Feder Andrzej Sapkowskis, sondern vor allem mit seiner Erzählweise, der Questqualität und der Inszenierung einer erwachsenen Fantasywelt bereichert. Wie wird CD Project RED die Trilogie abschließen? Können sie die Herausforderungen der neuen offenen Welt meistern? Mehr dazu im Test.

© CD Projekt RED / Bandai Namco Entertainment

Auf der Suche nach Ciri

Das Abenteuer beginnt mitten im Krieg: Auf den Schlachtfeldern liegen Leichen, an den Bäumen baumeln Gehängte, Deserteure werden gejagt, Banditen lauern in Wäldern und Flüchtlinge suchen eine Bleibe – die Kulisse zeigt keinen pathetischen Kitsch mit wehenden Fahnen. Alles wirkt etwas farbenfroher als im Vorgänger, aber CD Project RED zeigt so gekonnt wie immer auch die hässliche Fratze des Krieges. Wie sieht die politische Ausgangslage aus, die wir auch hier im Video zusammenfassen? Die Nilfgaarder haben unter der Führung von Kaiser Emhyr bereits Teile der nördlichen Königreiche erobert. Emhyr hält sogar schon Hof in Wyzima, wo im Vorgänger noch der mittlerweile tote König Foltest regierte. Aber dieser dritte Feldzug ist ins Stocken geraten – das Spiel startet also in einer militärischen Patt-Situation, die später übrigens wunderbar von einem Diplomaten auf Burg Wyzima erklärt wird. Freut euch auf dieses Kapitel und Geralts Gesicht, als er in der höfischen Etikette unterwiesen und frisch eingekleidet werden soll  – köstlich.

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Schicke Zeichnungen, sehr guter Sprecher: Die Ladephasen werden für kurze Zusammenfassungen der Hauptquest genutzt. © 4P/Screenshot

Aber zunächst streifen er und sein alter Hexer-Freund Vesemir durch das besetzte Temerien, um einen Greif für den Nilfgaarder Statthalter zu erlegen, als sie von der Magierin Yennefer eine überraschende Botschaft erhalten – immerhin hat er sie zwei Jahre nicht gesehen. Geralt soll die Ex-Gliebte in Weißgarten treffen. Es stellt sich heraus, dass ihre ehemalige Ziehtochter Ciri, deren Ausbildung man im Prolog spielen kann (hier die ersten zehn Minuten im Video), in großer Gefahr ist: Die „Wilde Jagd“ ist hinter ihr her und der Hexer soll die junge Frau vor den mysteriösen dunklen Häschern finden, die an Tolkiens Nazgul erinnern. Was wollen sie von ihr? Ist der aktuelle Krieg gar nicht das schlimmste Übel? Naht da vielleicht eine Art Weltuntergang?

Die Story macht schon im Einstieg neugierig und steigert sich im späteren Verlauf mit einigen dramatischen Wendungen sowie politischen Überraschungen. Schön ist, dass es immer wieder informative kurze Zusammenfassungen der Hauptquest in den Ladephasen gibt. Noch wichtiger ist, dass schon in den ersten Stunden klar wird: Die Regie galoppiert nicht von Highlight zu Highlight, sondern lässt sich abseits all der Bedrohungen auch Zeit für die Kleinigkeiten, für die leisen Töne und für eine Charakterzeichnung Geralts, die abseits des Archetypischen und Heroischen auch seine alltägliche menschliche Seite verdeutlicht, seinen Humor und seine Beziehung zu den Freunden. Das war schon in den Vorgängern ähnlich, aber hier wird der Hexer noch greifbarer. Euch interessieren seine literarischen Wurzeln und der Weg vom Buch zum Spiel? Im Video zeigen wir euch, wie sich Geralt im Wandel der Zeit entwickelt hat.

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Bei aktivierten Hilfen gibt es nicht nur eine Minikarte samt Routenmarker, sondern auch Questnotizen, Wetterbericht, Meterangaben oder gar gestrichelte Linien zum Ziel. Aber: Ihr könnt alles abschalten! © 4P/Screenshot

Vorsicht übrigens an alle, die gerade die fünfbändige Romanreihe von Sapkowski lesen, die mit „Das Erbe der Elfen“ beginnt: Wenn ihr hinsichtlich Ciris Herkunft nicht gespoilert werden wollt, solltet ihr das Spiel vielleicht erst nach der Lektüre starten. Und falls ihr das Rollenspiel ohne all zu viel modernen Schnickschnack genießen wollt, solltet ihr in den Optionen ein wenig aufräumen.

Willkommen im Fantasy-Cockpit

Wenn man nämlich mit Geralt inklusive aller  eingeschalteten Anzeigen unterwegs ist, kommt man sich fast vor wie in einem Fantasycockpit – überall Icons, Leisten, Zahlen und Hinweise wie zum aktuellen Wetter, dazu Distanzen in Metern zur aktivierten Quest, natürlich Radar und sogar gestrichelte Linien (!) zum Ziel. Da fehlen nur noch Blinker für sein Pferd Plötze, wenn man beim automatischen Reiten auf den Wegen mal abbiegen muss. Und man fragt sich unweigerlich, warum man das arme Pferd, das Geralt immer so schroff ermahnt, angesichts all dieser Hilfen nicht mal ordentlich vor Tavernen anleinen darf – ging doch auch in Red Dead Redemption.

The Witcher 3 teilt zudem einige überflüssige Komfortfunktionen mit Dragon Age: Inquisition, wie z.B. die kreisrunde Markierung eines Zielbereichs, wenn man Hinweise sucht. Zwar piept da nix in dämlicher Echolotmanier, und Schätze materialisieren sich nicht erst auf Knopfdruck am Ziel. Aber so findet man natürlich alles sehr flott, zumal man mit dem Hexersinn auch noch alles Interaktive in Orange und Spuren, Gerüche sowie Mechanismen in Rot leuchten sieht. Also doch der Fluch der offenen und total transparenten Welt?

  1. Finde es unreal The Last of Us 2 über The Witcher 3 zu erheben und zu sagen, Witcher 3 war gar nicht so gut damals wie angenommen, ein überschätztes Game. Technisch sowieso nicht vergleichbar mit The Last of Us 2 (Witcher 3 war übrigens nicht PS4 Exklusiv, da speilen also auch andere Faktoren mit was die Engine betrifft), weil da einige Jahre und Entwicklungszeit dazwischenliegen.
    Jetzt fehlt nur noch das behauptet wird The last of Us 2 hat in seiner Quantität und Qualität genauso viele gute Charaktere zu bieten wie ein Witcher...
    Habe selten so eine weltfremde Meinung gehört. Es ist Dein gutes recht The Last Of us 2 als ewiges Meisterwerk anzuloben, aber besinne Dich evtl. doch ein bißchen auf Objektivität und Neutralität. Balance mein Freund ist das wichtigste im Leben!

  2. Nuracus hat geschrieben: 21.07.2020 14:33 MAAANN ich weiß, jetzt kommen wieder "ABER THE LAST OF US IST KEINE LASAGNE SONDERN EIEN DOSE RAVIOLI!!!111".
    Dann ersetz das Essen in den Sätzen davor durch den üblichen Nudelauflauf. Der ja auch sehr geil sein kann (oder auch nicht) und durchaus Gemeinsamkeiten mit Lasagne hat (in diesem Beispiel: Die Storylastigkeit, mit vielen Cutscenes - das ist der Käse).
    Nö beide Spiele sind ein wahrer Festschmaus für die Genießer da draußen, man muss sie nicht gleichzeitig reinwürgen, sonst kommen keine solche amüsante Kommentare wie hier zustande :mrgreen:
    "Ellie"
    "was ist Dina"
    "wie schmeckt dir Witcher 3"
    "alt und zäh, wie schmeckt dir The Last of Us 2 Geralt"
    "ziemlich blutig Ellie"
    "eine Prise Rache verfeinert den Geschmack"
    Yay

  3. Ich hole ja gerade Hellblade nach. Und hier habe ich den Artstyle und vor allem die Farbpalette nun gefunden, die ich mir mal für Witcher 3 gewünscht habe und nach der es zu Beginn ja auch aussah, bevor CDP dann in die Bonbonkiste gegriffen haben.

  4. Nuracus hat geschrieben: 21.07.2020 13:40 Die Unterschiede sind mir völlig klar, ändern aber rein gar nichts an der echt schon fast unterdurchschnittlichen Umsetzung mit den Ladezeiten.
    Abgesehen davon, nehmen wir das Beispiel Taverne.
    Manchmal betritt man eine Taverne und wenn man einen bestimmten Punkt überschreitet, geht das Spiel (per Blackscreen) in eine Cutscene über.
    Diesen Blackscreen, der zum Teil nicht mal ne Sekunde dauert, kann man nicht anders lösen?
    Natürlich kann man das, der Blackscreen ist lediglich die einfachste Lösung, und leider auch die, die den Spielfluss am heftigsten unterbricht.
    Das fällt eben besonders auf, wenn TW3 mehrere teils kurze Cutscenes aneinander reiht und diese jeweils mit einem Blackscreen + Ladezeit unterbricht.
    Bevor ihr euch gegenseitig zerfleischt (oh immer diese Beißreflexe bei Kritik), ich finde as Spiel grundsätzlich sehr gut, obwohl es zahlreiche Kritikpunkte hat.
    Die Problematik des stotternden Erzählens fällt mir nur einfach jetzt besonders auf, da ich mit TLoU 2 das krasse Gegenteil erlebt habe.
    Es sieht aus, als hätte sich CDP da schlicht gnadenlos überschätzt.
    Nein, kann man eben nicht. Selbst wenn es Beispiele gibt, die direkt eine Szene triggern, muss die Engine so funktionieren, dass alle Fälle abgedeckt sind. In TW3 kann der Ausgang eines kurzen Dialogs schon dafür sorgen, dass die darauffolgende Szene komplett anders verlaufen wird. Die Engine muss also so aufgebaut werden, dass sie grundsätzlich immer bereit ist entweder Fall A oder Fall B zu laden, selbst wenn nach einem Dialog es kein unterschiedlicher Ausgang gibt. Auch muss immer Geralt mit dem Equipment geladen werden, das man sich auch angezogen hat, während die Ausrüstung in TLOU2 fest vorgeschrieben ist.
    Die Engines sind auf komplett unterschiedliche Anforderungen ausgelegt.
    TLOU2-Scripts sind deswegen so flüssig, weil sie komplett linear durchgescriptet sind und sogar von Schauspielern gemotioncaptured. Da spielt quasi nur ein Film mit festen Skript...

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