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Red Dead Redemption 2 im Test: Die Outlaw Opera

Red
Dead Redemption ist acht Jahre alt. Und Grand Theft Auto 5 kann man nur
im Ansatz mit den Herausforderungen des Wilden Westens vergleichen. Diese
historische Epoche bietet nicht nur weniger Identifikationspunkte,
sondern verlangt ganz andere Schwerpunkte. Zudem ist viel hinsichtlich
Regie, Design sowie Kulisse passiert: Spiele wie The Witcher 3, Fallout 4, Horizon: Zero Dawn und The Legend of Zelda:
Breath of the Wild haben auf ganz unterschiedliche Art fesselnde
Abenteuer in offenen Welten inszeniert. Kann Rockstar seinen eigenen
Ansprüchen und den Erwartungen gerecht werden?

© Rockstar Games / Take-Two Interactive

Stationäres Storytelling

Im Mittelpunkt der Geschichte steht jedoch das Kollektiv der Bande. In den meisten Spielen geht es um das Schicksal einer Person oder – vor allem in den letzten Jahren – um eine Beziehung wie in BioShock Infinite oder The Last of Us. Rockstar verschiebt hier eine Grenze und wagt sich an an ein Kollektiv. Sie erzählen die Geschichte einer Familie und Schicksalsgemeinschaft, in der ganz unterschiedliche Figuren eine Vergangenheit sowie eine mehr oder weniger freiwillige Gegenwart teilen: Es gibt einen gescheiterten Priester, einen unbelehrbaren Pistolero, einen großmäuligen Iren, einen stillen Halbindianer, einen habgierigen Geldeintreiber, einen fetten Koch, eine Mutter Courage etc. – aber auch das sind sie manchmal nur auf den ersten Blick. Es ist wunderbar, wie ausgefeilt ihre Biographien sind.

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Man kann etwas in die Lagerkasse spenden und es ausbauen. © 4P/Screenshot

Denn jeder hat seine eigene Geschichte zu erzählen, manche bitten euch auch um einen persönlichen Gefallen. Die Dialoge sind klasse geschrieben, mit einem feinen Gespür für die vielen Beziehungen. Gerade John Marston und seine Frau Abigail werden hervorragend dargestellt, so dass auch Kenner des ersten Red Dead Redemption interessante Einblicke bekommen, während sie mit ihnen reden, kämpfen oder einfach Domino spielen. Übrigens wird das Pokern auch toll inszeniert!

Und wenn ich zu Beginn noch sagte, dass dieser Arthur ein langweiliger Cowboy ist, dann verändert sich diese Selbstwahrnehmung auch im Rahmen dieser Kommunikation mit seinen Gefährten. Man weiß irgendwann, warum Dutch so große Stücke auf ihn hält – und man schlüpft immer mehr in seine Haut. Ein ganz wichtiger Punkt für die Innensicht dieses Mannes ist nicht nur die Beziehung zu seiner Ex-Frau, die ebenfalls in Missionen und später Briefen thematisiert wird, sondern auch sein Tagebuch: Dort notiert er in seiner trockenen Sprache besondere Begebenheiten, aber zeigt auch sein künstlerisches Talent. Im Gegensatz zu anderen Tagebüchern wird dieses hier je nach Erkundung auch um Zeichnungen ergänzt! Es ist toll zu sehen, dass diese Ruine oder jenes Tier genau dann dort als schwarzweißes Motiv auftaucht, wenn Arthur sie gerade entdeckt hat.

Aber zurück zur Gruppe: Freut euch auf über 20 voll ausgearbeitete Charaktere mit eigenen Missionen, darunter auch sehr unterschiedliche Frauentypen, die einige Überraschungen parat haben. Und es hätte Rockstar nichts Besseres als ein derart lebendiges Lager einfallen können, um sie alle kennen zu lernen.

Party-Interaktion 2.0


Der Begriff „Party-Interaktion“ aus Rollenspielen kann nur ansatzweise beschreiben, was im Lager an faszinierendem Eigenleben stattfindet – und zwar je nach Tageszeit ein anderes. Hier wirkt alles unheimlich natürlich, weil jeder aktiv seinen

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Die Interaktion mit dem Rest der Bande wirkt im Lager unheimlich natürlich. © 4P/Screenshot

Geschäften nachgeht und Arthur nicht der Mittelpunkt ist. Man wird gegrüßt, bepöbelt oder ignoriert, kann Poker, Messertanz oder Domino spielen. Meist ist man in Spielen der aktive Ermittler, der sich durch die Dialogoptionen der Nebencharaktere klickt, um ihre Zuneigungsleisten wie etwa in Dragon Age: Origins zu füllen, aber hier wird man zum Zusehen und Zuhören animiert: Man kann Flirts und Konflikte beobachten. Man kann vielen Geschichten oder Liedern lauschen, wenn man sich ans Feuer setzt. Man kann Partys feiern und tanzen. Man kann zuhören, sich genervt abwenden oder einfach aufs Ohr hauen. Hier erlebt man so viel Gemeinschaft im Vorbeigehen, aber auch so viele Zwischentöne in kleinen Begegnungen wie in keinem anderen Spiel.

Und man wird je nach Ehre und Verhalten etwas anders behandelt – man kann z.B. etwas von seiner Beute in die Gemeinschaftskasse geben, aber bekommt einen Rüffel, wenn man das zu lange  ignoriert. Wozu ist das Spenden gut? Das Lager kann in den drei Bereichen Munition, Nahrung und Medizin befüllt werden, so dass sich alle an den entsprechenden Wagen bedienen können. Wenn man etwas verbraucht, sinkt der Vorrat z.B. von Gelb auf Weiß oder Rot, dann herrscht ein Mangel und die Leute werden unzufriedener. Man kann das Lager zudem strukturell mit Hühnerstall, Pferdekoppel, Lederwerkstatt & Co ausbauen, so dass das Essen besser wird, aber auch die Auswahl an Waffen, Patronen oder Tränken, der Komfort und die interaktiven Möglichkeiten steigen. Allerdings ist das alles eher nettes Beiwerk als wirklich lebenswichtig für

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Ihr könnt viele markante Charaktere kennenlernen, mit ihnen Missionen erledigen der einfach nur plaudern. © 4P/Screenshot

Arthur, weil er auch so genug Beute auf seinen Streifzügen macht und jederzeit jagen kann. Manche nützlichere Dinge wie etwa die Karte zur Schnellreise an die 18 Orte oder ein Anleger samt Boot sind erst verfügbar, wenn man in gewisse Aufrüstungen investiert hat.

Es gibt nur ein Defizit in der Inszenierung: Es wirkt etwas plump, wenn man in der Wildnis verfolgt wird, mit dem bereits feuernden Banditen im Nacken zu seinem Lager galoppiert und die Situation nicht ausgespielt, sondern überblendet wird – es folgt eine Ladephase und man betritt das Lager ohne einen Verfolger, der plötzlich verschwunden ist, während Wachen aus dem Dickicht grüßen. Das hätte man eleganter lösen können, auch wenn man das Versteck laut Story nicht preisgeben darf.


  1. Heute ist wieder mal einer der Abende, an denen ich dasitze und über das Spiel nachdenke, obwohl ich es seit Sommer letzten Jahres nicht mehr gespielt habe. Ich habe damals nach Ende der Story monatelang gar nichts mehr spielen können, weil mir im Vergleich dazu alles schal vorkam... Shit, ich habe sogar nicht einmal den Epilog beendet damals :)
    Ich sitze manchmal da und denke über Arthur nach, als ob er eine reale Person wäre - ich vermisse ihn dann sehr ^^
    Daher nochmals danke an ihn für diese unvergessliche Reise und danke an Rockstar, auch wenn ihr in der letzten Zeit viel Bullshit abzieht, was ihr hier geschaffen habt, sucht imho seinesgleichen!
    :lol:

  2. Die Frames sind leider nur 30, stimmt.
    Dennoch sieht das Spiel auch heute noch einfach super aus, alleine das Licht.
    Außerdem sind die Ladezeiten auf der PS5 sehr angenehm.

  3. Unglaublich aber wahr: Ich habe in über einem halben Jahr noch kein PS4-Spiel in meine PS5 gepackt. :D Von Haus aus wird RDR2 nicht auf 60fps geboostet, oder? Gibt ja Listen, die beschreiben, welche PS4-Spiele auf der PS5 profitieren. Leider gehört RDR2 offensichtlich bisher nicht dazu. OK, kürzere Ladezeiten sind auch was.

  4. PlayerDeluxe hat geschrieben: 07.06.2021 08:49 Shit, habe das Spiel leider sehr schnell nicht mehr angefasst. Das liest sich schon sehr nett. Aber ob ich jetzt noch Bock hab, auf einen PS4-Titel zurückzuswitchen? Bin mir nicht sicher.
    Profitiert mMn auch auf der PS5 enorm von den geringeren Ladezeiten und sieht immer noch genial aus. Bin zwar dann doch recht schnell zur PC-Version gewechselt, weil 21:9 und weil es grad günstig war, aber dennoch ist die PS4-Version auf der PS5 immernoch ein schmuckes Spiel. Bessere Anpassung an die PS5 wäre natürlich wünschenswert und evtl kommt ja nach GTA5 noch eine PS5-Version von RDR2 :lol:

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