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Red Dead Redemption 2 im Test: Die Outlaw Opera

Red
Dead Redemption ist acht Jahre alt. Und Grand Theft Auto 5 kann man nur
im Ansatz mit den Herausforderungen des Wilden Westens vergleichen. Diese
historische Epoche bietet nicht nur weniger Identifikationspunkte,
sondern verlangt ganz andere Schwerpunkte. Zudem ist viel hinsichtlich
Regie, Design sowie Kulisse passiert: Spiele wie The Witcher 3, Fallout 4, Horizon: Zero Dawn und The Legend of Zelda:
Breath of the Wild haben auf ganz unterschiedliche Art fesselnde
Abenteuer in offenen Welten inszeniert. Kann Rockstar seinen eigenen
Ansprüchen und den Erwartungen gerecht werden?

© Rockstar Games / Take-Two Interactive

Dezente Charakterentwicklung

Zu Beginn des Tests habe ich die Frage gestellt, inwiefern man den Charakter von Arthur prägen kann. Die Antwort lautet: sehr dezent. Aber das ist auch aus biographischer Sicht logisch, denn man spielt kein Greenhorn oder ein weiteres Amnesie-Opfer ohne Fähigkeiten, sondern einen gestandenen Veteranen einer berüchtigten Bande. Arthur kann also schon sehr viel. Trotzdem gibt es zum einen die physische Entwicklung: Man kann seine Werte für Gesundheit, Ausdauer und Dead Eye stückweise in acht Stufen erhöhen, teilweise à la Fallout, indem man schwimmt oder rennt für mehr Erfahrungspunkte im Bereich der Ausdauer, indem man etwas herstellt oder Trickschüsse für mehr Dead Eye platziert oder sogar über Tränke und Amulette mit permanenten Wirkungen. Außerdem beeinflusst das Essen das eigene Gewicht, so dass man mit zu viel Kilos

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Es gibt nur eine dezente Charakter-Entwicklung. © 4P/Screenshot

weniger Ausdauer und untergewichtig weniger Leben hat – aber das wird nicht so extrem betrieben wie in GTA: San Andreas; sprich: Arthur wird nicht fett. Schließlich wirkt sich die Kleidung auf die Auffüllungsraten aus. Sprich: Wer im Tiefschnee bei Frost mit Sommerhemden unterwegs ist, verliert schneller Lebensenergie.

Das klingt alles wichtig, aber das ist kein Survival-Abenteuer à la The Long Dark, sondern bleibt trotz dieser Annäherungen ein Arcade-Abenteuer. Man kann also auch im hohen Norden ohne Pelz überleben, wenn man nur genug Fleisch isst, was ja die Gesundheit erhöht. Man kann auch ohne die Steigerung von Ausdauer & Co lange genug rennen, ohne mehr Dead Eye immer noch gut genug zielen. Es gibt keine Mission, für die man von den acht möglichen Stufen eine spezielle benötigt, um sie zu meistern. Man kann darüber streiten, ob man das nicht alles anspruchsvoller hätte gestalten können, vielleicht mit einem weiteren Schwierigkeitsgrad, aber ich bin froh, dass Arthur Morgan keinen Fähigkeitenbaum hat wie in so vielen anderen Spielen und erstmal das Schießen mit dem Gewher oder das Werfen eines Messers lernen muss…

Gute und schlechte Taten

Schade ist aber dennoch, dass man abseits der Physis nicht konsequenter den eigenen Charakter prägen kann. Zwar gibt es eine Leiste für die Ehre, die zu Beginn ausgeglichen ist und mit guten oder schlechten Taten in die eine oder andere Richtung tendiert. Meist wird kurz über das Einblenden eines weißen oder roten Cowboy-Symbols angezeigt, inwiefern sich etwas ändert. Je näher man einer Ausprägung kommt, desto klarer wird nicht nur das Feedback der eigenen, sondern auch der fremden Leute, die einen z.B. freundlicher ansprechen – man bekommt als ehrenhafter Bandit auch Prozente beim Händler.

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Smalltalk beim Essen im Lager. © 4P/Screenshot

Positiven Einfluss hat selbst das Grüßen der Leute, aber auch das Spenden in die Bandenkasse, das Almosen für den Bettler, das Helfen bei Unfällen oder natürlich das Verschonen von Leuten. Es gibt einige Situationen, in denen man über Leben und Tod entscheiden kann. Neben dem Gewinn an Ehre oder einer direkten Belohnung winkt aber auch zu viel späterer Zeit vielleicht eine Rückmeldung. Manchmal liest man z.B. in der Zeitung, dass Zeugen nicht ausgesagt haben. Negativ wirkt sich z.B. das Bestehlen der eigenen Bande sowie rohe Gewalt gegen Mensch und Tier aus, selbst wenn man in einem Gefecht ein Pferd erschießt.

Sehr gut gefallen hat mir, dass man in manchen Situationen aber nicht sofort weiß, was nun als ehrenhaft oder nicht eingestuft wird. Als Kontinentaleuropäer wird man also des Öfteren überrascht, denn der „Code of the West“ richtet sich nach einem anderen moralischen Kompass – da kann auch ein Mord ehrenhaft sein. Und das passt wunderbar in dieses Szenario.

Widersprüche in der Inszenierung

Trotzdem ist das kein freies Rollenspiel, denn in den wesentlichen Fragen gibt die Story das Verhalten von Arthur vor, obwohl man vielleicht gerne etwas anderes sagen oder tun würde – nur fehlen dafür offenere Dialoge bzw. Möglichkeiten der Entscheidung. Das fühlt sich manchmal etwas willkürlich an: Ich wollte eine Mission zum Geldeintreiben an einem Bauernhof anders auflösen und das Opfer verschonen, aber das war nicht möglich. Obwohl im Gespräch über L2 angezeigt wurde, dass

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Was ist hier passiert? © 4P/Screenshot

man „Verschonen“, „Drohen“ oder „Schlagen“ darf, konnte ich Ersteres nicht auswählen, weil es ausgegraut war. Später habe ich allerdings erkannt, warum diese Szene auch ohne mein Zutun so „brutal“ wirkte – das war also kein großer erzählerischer Fauxpas.

Manchmal wirkt die Inszenierung nicht konsequent genug: Als ich eine verunglückte Frau mitnehme, die auf ihren Hof zurück will, plaudert sie von seltsamen Vorkommnissen in einem Herrenhaus, bei dem sie arbeitet. Der Mann würde seine Tochter nie ins Freie lassen und einsperren, manchmal sieht man sie nachts am Fenster. Als ich das näher untersuchen will, kann ich zwar den Mann ansprechen, der mir sofort droht, aber keinen Weg ins Haus finden. Ich probiere es auf die harte Tour, schlage ihn zuammen, aber alle Türen bleiben künstlich blockiert und selbst ein Besuch bei der Frau nebenan, die mir den Hinweis gab, bleibt erfolglos – das Mädchen bekomme ich nicht zu Gesicht. Nur darf man nicht vergessen, dass ich hier über einzelne Situationen in einem Epos von 50 bis 70 Stunden spreche. Egal ob Witcher, Zelda oder Horizon – sie alle haben Inkonsequenzen.

  1. Heute ist wieder mal einer der Abende, an denen ich dasitze und über das Spiel nachdenke, obwohl ich es seit Sommer letzten Jahres nicht mehr gespielt habe. Ich habe damals nach Ende der Story monatelang gar nichts mehr spielen können, weil mir im Vergleich dazu alles schal vorkam... Shit, ich habe sogar nicht einmal den Epilog beendet damals :)
    Ich sitze manchmal da und denke über Arthur nach, als ob er eine reale Person wäre - ich vermisse ihn dann sehr ^^
    Daher nochmals danke an ihn für diese unvergessliche Reise und danke an Rockstar, auch wenn ihr in der letzten Zeit viel Bullshit abzieht, was ihr hier geschaffen habt, sucht imho seinesgleichen!
    :lol:

  2. Die Frames sind leider nur 30, stimmt.
    Dennoch sieht das Spiel auch heute noch einfach super aus, alleine das Licht.
    Außerdem sind die Ladezeiten auf der PS5 sehr angenehm.

  3. Unglaublich aber wahr: Ich habe in über einem halben Jahr noch kein PS4-Spiel in meine PS5 gepackt. :D Von Haus aus wird RDR2 nicht auf 60fps geboostet, oder? Gibt ja Listen, die beschreiben, welche PS4-Spiele auf der PS5 profitieren. Leider gehört RDR2 offensichtlich bisher nicht dazu. OK, kürzere Ladezeiten sind auch was.

  4. PlayerDeluxe hat geschrieben: 07.06.2021 08:49 Shit, habe das Spiel leider sehr schnell nicht mehr angefasst. Das liest sich schon sehr nett. Aber ob ich jetzt noch Bock hab, auf einen PS4-Titel zurückzuswitchen? Bin mir nicht sicher.
    Profitiert mMn auch auf der PS5 enorm von den geringeren Ladezeiten und sieht immer noch genial aus. Bin zwar dann doch recht schnell zur PC-Version gewechselt, weil 21:9 und weil es grad günstig war, aber dennoch ist die PS4-Version auf der PS5 immernoch ein schmuckes Spiel. Bessere Anpassung an die PS5 wäre natürlich wünschenswert und evtl kommt ja nach GTA5 noch eine PS5-Version von RDR2 :lol:

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